Tarifabschluss WISAG Elektrotechnik
Bei Wind und Wetter Kabel ziehen – bald für 10 Prozent mehr Geld

Sie bauen und warten die Stromversorgung in Fabriken und Krankenhäusern, bei Wind und Wetter. Jetzt haben die Beschäftigten von WISAG Elektrotechnik mit der IG Metall Lohnerhöhungen von insgesamt 10 Prozent durchgesetzt. Die sind auch dringend nötig, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.

1. März 20241. 3. 2024


Sie installieren und warten die Elektroenergieanlagen für die Industrie, Krankenhäuser und öffentliche Auftraggeber. Sie bauen große Niederspannungs- und Mittelspannungsanlagen, Prozess- und Leittechnik, Transformatoren, Notstromversorgung. Sie sind ständig unterwegs auf Baustellen, bei Wind und Wetter.

Ab April gibt es 6 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten von WISAG Elektrotechnik, eine weitere Erhöhung um 4 Prozent erfolgt im August 2025.

Zudem werden Auszubildende unbefristet übernommen. Und die frisch ausgelernten Facharbeiterinnen und Facharbeiter erhalten künftig 3010 Euro, statt wie bisher 2771 Euro. Für berufserfahrene Facharbeiterinnen und Facharbeiter gibt es künftig 3248 Euro.
 

Attraktiver für immer knappere Fachkräfte werden

Diese Erhöhung war überfällig, um überhaupt noch Leute zu finden, meint Olaf Leucke, Betriebsratsvorsitzender von WISAG Elektrotechnik in Dresden, der auch Mitglied der Tarifkommission ist und bei den Verhandlungen dabei war. Der gelernte Elektromonteur und Dipl.-Ingenieur der Elektrotechnik ist als Projektleiter auf Baustellen unterwegs. „Unsere Beschäftigten ziehen schwere Kabel durch die Gegend, das ist harte Arbeit“, macht Leucke klar. „Und unser Unternehmen hat die letzten Jahre gute Gewinne gemacht. Davon dürfen die Kollegen auch mal etwas abhaben.“

Mehr Geld war den Beschäftigten bei WISAG Elektrotechnik wegen der Inflation besonders wichtig. Das kam bei zahlreichen Diskussionen im Vorfeld der Tarifverhandlungen heraus.

 

Die Tarifkommission bei WISAG Elektrotechnik. Vorne, zweiter von links: Olaf Leucke. Ganz rechts: Ralf Schaumburg.

 

Allerdings werden gerade auswärts auch die anderen Arbeitsbedingungen immer wichtiger, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Vor allem die Arbeitszeiten, erklärt Ralf Schaumburg. Er ist Gesamtbetriebsratsvorsitzender und Projektleiter bei WISAG Elektrotechnik Nord in Hannover-Langenhagen. „Zwar hat WISAG bereits die Ausbildung deutlich verstärkt, doch zugleich hat auch die Fluktuation deutlich zugenommen. Jüngere Beschäftigte sind oft nicht mehr bereit, auch am Wochenende auf der Baustelle zu arbeiten. Immer mehr Unternehmen bieten bessere Konditionen an, etwa eine 4-Tage-Woche. Und Headhunter werben gezielt Fachkräfte ab.“
 

Spezieller Montagetarifvertrag für Fahrten zur Baustelle

Immerhin: Bei WISAG Elektrotechnik haben Beschäftigte und IG Metall bereits vor über sechs Jahren einen Montagetarifvertrag durchgesetzt – mit deutlich höheren Auslösungssätzen und Fahrtkostenerstattungen als im alten, 2004 ausgelaufenen Bundesmontagetarifvertrag (BMTV). Ab fünf Kilometer Entfernung gibt es etwa 10,50 Euro. Ab 80 Kilometer Entfernung zur Baustelle von der Niederlassung aus gibt es 48 Euro zusätzlich am Tag für den Mehraufwand. Zudem werden bei solchen Baustellen die Kosten für die An- und Abreise und Heimfahrten an Wochenenden und Feiertagen vergütet, sowie die Reisezeit bei An- und Abreise alle vier Wochen.

Dennoch reicht das Personal nicht mehr aus, um die Aufträge zu bewältigen. Gerade in den Mittelspannungsnetzen gibt es einen großen Investitionsstau. Die Zeiten, in denen die Kunden in der Industrie die Termine vorgaben, möglichst am Wochenende, sind vorbei. „Wir sagen jetzt, wann wir Zeit haben“, meint Schaumburg. „Und unsere Kunden fahren dafür tagelang ihren Betrieb herunter.“
 

Mit mehr IG Metall-Mitgliedern wäre mehr drin

Aktuell läuft gerade noch eine Umfrage unter den Beschäftigten zum jetzt erzielten Tarifabschluss. Der bisherige Eindruck: Die Mehrheit der Beschäftigten ist zufrieden. „Allerdings könnten unsere Tarifabschlüsse noch besser werden, wenn wir mehr Druck aufbauen könnten“, meint der Dresdner Betriebsratsvorsitzende Olaf Leucke. „Doch dazu müssten aber noch deutlich mehr Beschäftigte in die IG Metall eintreten. Allerdings sind unsere Beschäftigten auf Baustellen bundesweit verstreut und daher schwieriger zu organisieren.“

Dennoch liefen bereits Planungen für Warnstreiks, als der Arbeitgeber in der dritten Verhandlung doch noch einlenkte.

„Es hat sich ausgezahlt, dass wir schon im letzten Sommer mit den Diskussionen in den Betrieben begonnen und uns auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen genauestens angeschaut haben“, erklärt Adrian Dubno, Verhandlungsführer der IG Metall bei WISAG Elektrotechnik. „Dadurch konnten wir die Beschäftigten immer mitnehmen und über ganztätige Betriebsversammlungen den Druck erhöhen, um zu einem Tarifabschluss zu kommen. Insgesamt kann man sagen, dass es ein handfestes Ergebnis im Sinne unserer IG Metall-Mitglieder ist. Spätestens jetzt sollten also diejenigen, die noch nicht Mitglied sind, eintreten – denn mit diesem Abschluss ist der Beitrag schon bezahlt!“

Lesetipp: Tarifvertrag: Habt Ihr keinen – holt euch einen!

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