Handwerk: Neue Tarifabschlüsse bescheren deutlich mehr Geld
Höhere Einkommen im Handwerk

Der im Tarifjahr 2015 begonnene Aufwärtstrend der Handwerkseinkommen hat sich weiter fortgesetzt: Auch die Abschlüsse im ersten Halbjahr 2016 brachten den Handwerkern deutliche Lohnzuwächse. Tarifpolitisches Sorgenkind ist jedoch mancherorts immer noch die sinkende Tarifbindung.

27. Mai 201627. 5. 2016


Tarif-Hauptgewinner in diesem Jahr sind die Auszubildenden im Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk (SHK) in Schleswig-Holstein: Der noch frische Abschluss vom Mai 2016 beschert den Azubis in tarifgebundenen Betrieben ab August ein überproportionales Plus zwischen 50 bis 80 Euro je Ausbildungsjahr. Insgesamt ging die Tarifkurve in der Heizungs- und Sanitärbranche ungebremst weiter hoch. Nachdem die IG Metall im Frühjahr 2015 nach zwölf tariflosen Jahren im norddeutschen SHK-Handwerk wieder einen Flächentarifvertrag durchsetzen konnte, brachte das den Beschäftigten dort nicht nur einheitliche Standards wie die 37-Stunden-Woche, 30 Tage Urlaub im Jahr sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld, sondern auch ein dickes Plus – ab dieses Jahr sind es sieben Prozent in zwei Stufen für 21 Monate.

Sehen lassen können sich auch die Abschlüsse in anderen Gewerken. Die Tarifergebnisse Ende November 2015 im Metallhandwerk brachten den Beschäftigten im Südwesten insgesamt 5,5 Prozent mehr Geld in zwei Stufen und in Nordrhein-Westfalen ein Plus von 5,4 Prozent. Im Saarland sind es 3,4 Prozent für 15 Monate und in Rheinhessen 2,85 Prozent mehr.


Alle Handwerksabschlüsse 1. Halbjahr 2016 im Überblick


Hamburg (Abschluss Mai 2016)
ab 1. Juni 2016: plus 2,7 Prozent
ab 1. Juni 2017: plus 2,2 Prozent

Auszubildende
ab 1. August 2016
1. Jahr: 735 Euro
2. Jahr: 815 Euro
3. Jahr: 885 Euro
4. Jahr: 935 Euro

ab 1. August 2017
1. Jahr: 755 Euro
2. Jahr: 835 Euro
3. Jahr: 905 Euro
4. Jahr: 955 Euro

Hessen (Abschluss Februar 2016)
im Februar 2016: 300 Euro Einmalzahlung
ab 1. März 2016: plus 3,1 Prozent
ab 1. November 2016: plus 2 Prozent

Auszubildende
im Februar 2016: 100 Euro Einmalzahlung
ab 1. März 2016: plus 3,6 Prozent
ab 1. November 2016: plus 2 Prozent 25 Euro für LG 3.1, 3.2, 3.3 und 3.4

 


Bremen (Abschluss November 2015)
ab 1. Januar 2016: plus 2,9 Prozent
ab 1. September 2016: plus 2,6 Prozent

Auszubildende
jeweils ab 1. Januar 1. September 2016: plus 40 Euro für jedes Ausbildungsjahr

Hessen (Abschluss Dezember 2015)
ab 1. Januar 2016: plus 3,2 Prozent
ab 1. Januar 2017: plus 2,8 Prozent

Auszubildende
jeweils ab 1. Januar 2016 2017
1. Jahr: plus 20 Euro
2. Jahr: plus 25 Euro
3. Jahr: plus 35 Euro
4. Jahr: plus 35 Euro

Nordrhein-Westfalen (Abschluss Dezember 2015)
ab 1. Januar 2016: plus 2,9 Prozent
ab 1. Januar 2017: plus 2 Prozent

Auszubildende
ab 1. Januar 2016: plus 30 Euro
ab 1. Januar 2017: plus 20 Euro
in allen Ausbildungsjahren


Schleswig-Holstein (Abschluss Mai 2016)
nur für Auszubildende

ab 1. August 2016
1. Jahr: plus 80 Euro auf 500 Euro
2. Jahr: plus 65 Euro auf 525 Euro
3. Jahr: plus 50 Euro auf 570 Euro
4. Jahr: plus 50 Euro auf 650 Euro

 


Bremen (Abschluss Dezember 2015)
ab 1. Januar 2016: plus 2,95 Prozent
ab 1. Januar 2017: plus 2,9 Prozent

Auszubildende
ab 1. Januar 2016: plus 35 Euro pro Ausbildungsjahr
ab 1. Januar 2017: plus 25 Euro pro Ausbildungsjahr

 


Baden-Württemberg (Abschluss November 2015)
ab 1. Januar 2016: plus 3,1 Prozent
ab 1. Januar 2017: plus 2,4 Prozent

Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung
mit Übernahme der Ausgebildeten für 12 Monate.

Hamburg (Abschluss März 2016)
ab 1. März 2016: plus 2,6 Prozent 200 Euro Einmalzahlung

Auszubildende
ab 1. August 2016: plus 2,6 Prozent

Nordrhein-Westfalen (Abschluss November 2015)
ab 1. Januar 2016: plus 3,4 Prozent
ab 1. Februar 2017: plus 2 Prozent

Auszubildende
Erhöhung der Vergütungen in zwei Stufen um insgesamt
1. Jahr: 42,50 Euro
2. Jahr: 44,50 Euro
3. Jahr: 42,00 Euro
4. Jahr: 46,00 Euro

Tarifvertrag zur Übernahme der Ausgebildeten für 12 Monate.

Rheinland-Rheinhessen (Abschluss Mai 2016)
ab 1. Mai 2016: plus 2,85 Prozent

Auszubildende
1. Jahr: 670 Euro
2. Jahr: 730 Euro
3. Jahr: 775 Euro
4. Jahr: 810 Euro

Saarland (Abschluss Dezember 2015)
ab 1. Januar 2016: plus 3,4 Prozent

Auszubildende
1. Jahr: 560 Euro
2. Jahr: 630 Euro
3. Jahr: 670 Euro
4. Jahr: 710 Euro

Schleswig-Holstein (Abschluss Januar 2016)
ab 1. Januar 2016: plus 3,2 Prozent

Auszubildende
1. – 4. Jahr: jeweils plus 25 Euro

 

Ohne Tarifvertrag geht’s ungerecht zu

In tarifgebundenen Betrieben geht es fairer und gerechter zu. Doch leider wurde im Handwerk durch jahrlange Tarifflucht der Unternehmen aus tarifbindenden Verbänden die Tarifbindung immer brüchiger und die Einkommens- und Arbeitsbedingungen mancherorts dadurch immer schlechter. Für 40 Prozent der Beschäftigten im Westen und 54 Prozent im Osten gilt in allen Handwerksbranchen kein Tarifvertrag mehr. Das Resultat: Ohne Tarifvertrag haben Beschäftigte deutliche Einkommenseinbußen und wesentlich schlechtere Arbeitsbedingungen.

Für Alwin Boekhoff, Tarifexperte für das Handwerk beim IG Metall Vorstand, könnte hier das aktuelle Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hilfreich sein. Nach dem Urteil sind im Handwerk Mitgliedschaften ohne Tarifbindung (OT) nicht mehr erlaubt. Handwerksinnungen ist untersagt, durch Satzung Mitgliedschaften ohne Tarifbindung einzuführen und damit Tarifflucht zu ermöglichen.

Alwin Boekhoff sieht nach dem BVerwG-Urteil „die Flächentarifverträge für alle Betriebe der Innungen bindend“. Denn es sei gerade ihre Aufgabe, für Einheitlichkeit zu sorgen. Die Arbeitgeber und Innungen seien jetzt gut beraten, mit der IG Metall und anderen DGB-Gewerkschaften ordentliche Tarifverträge abzuschließen.

„Die Beschäftigten haben es aber auch selbst in der Hand“, sagt Tarifexperte Boekhoff. Tarifverträge seien nicht immer leicht durchzusetzen. „Wo aber Belegschaften in Betrieben gut aufgestellt und organisiert sind, da können die Mitglieder und die IG Metall viel bewegen“, so Boekhoff.

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