Betriebsratswahl bei Tesla
IG Metall gewinnt Betriebsratswahl bei Tesla

Trotz heftigem Gegenwinds holte die IG Metall-Liste 39,4 Prozent der Stimmen bei der Betriebsratswahl bei Tesla in Grünheide. Mit voraussichtlich 16 von 39 Sitzen wird die IG Metall-Liste die stärkste Gruppe im künftigen Betriebsrat. Die IG Metall fordert menschlichere Arbeitsbedingungen bei Tesla.

21. März 202421. 3. 2024


Die Beschäftigten des Elektroautobauers Tesla in der „Gigafactory“ Berlin-Brandenburg in Grünheide haben einen neuen Betriebsrat gewählt. Mit 39,4 Prozent der Stimmen und voraussichtlich 16 von 39 Sitzen wird die IG Metall-Liste die stärkste Gruppe im künftigen Betriebsrat.

„Ihr habt in der kurzen Zeit einen fantastischen Wahlkampf mit einem klaren und überzeugenden Programm für bessere Arbeitsbedingungen bei Tesla geführt. Meine herzlichen Glückwünsche zu Eurem tollen Wahlerfolg!“, erklärte Dirk Schulze, IG Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen. „Und herzlichen Dank an alle Wählerinnen und Wähler, die der IG Metall das Vertrauen und die Stimme gegeben haben.“ 

Insgesamt treten neun Listen mit 234 Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl an.


IG Metall-Liste für menschlichere Arbeit bei Tesla

Auf der Liste 2 „IG Metall – Tesla Workers GFBB“ haben sich 106 Kandidatinnen und Kandidaten zusammengeschlossen. Sie wollen bessere, gesündere Arbeit bei Tesla – und mehr Planbarkeit für die Beschäftigten. Die IG Metall hatte die Arbeitsbedingungen bei Tesla bereits wiederholt kritisiert. Medien berichteten über auffällig viele Arbeitsunfälle.

„Die aktuellen Produktionsbedingungen sind unzumutbar“, kritisiert eine Betriebsratskandidatin. „Und deshalb brauchen wir längere Taktzeiten. Wir brauchen angemessene Bandpausen. Und zusätzlich muss die Unterbesetzung aufhören.“

„Viele Kollegen sagen: Ich kann nicht mehr“, meint einer der Kandidaten. Ihm geht es ähnlich. „Ich bin vor drei Jahren zur Gigafactory gekommen. Ich hatte Bock. Ich hatte richtig Lust, etwas zu verändern. Nach drei Jahren bin ich erschöpft.“


Medienberichte: Tesla-Management beeinflusst Beschäftigte

Laut Medienberichten hat das Tesla-Management durch verschiedene Aktionen die Beschäftigten im Vorfeld der Betriebsratswahl beeinflusst. Die Märkische Onlinezeitung (MOZ) berichtete, dass Führungskräfte gegen die IG Metall Werbung machten. Die IG Metall schade Tesla. Im Werk seien Buttons mit der Aufschrift „Giga JA – Gewerkschaft NEIN“ verteilt worden. Die MOZ zitierte Beschäftigte, die über „Schwierigkeiten“ für pro-gewerkschaftliche Mitarbeiter berichteten.

Konzernchef Elon Musk persönlich habe zudem in einer Rede vor der Belegschaft in Grünheide vor Tarifverträge gewarnt – und vor einer „externen Instanz, deren Interessen vielleicht nicht mit denen von Tesla übereistimmen“, ohne dabei die IG Metall zu nennen. Auch das Handelsblatt, dem ein Mitschnitt von Musks Rede vorliegt, hatte darüber berichtet. Zudem habe die bisherige Betriebsratsvorsitzende auf offener Bühne gegen die IG Metall gewettert.

Dennoch hat die IG Metall-Liste nun die meisten Stimmen geholt.


 

 

Mit diesem Zehn-Punkte-Programm trat die IG Metall-Liste zur Betriebsratswahl an:

  1. Der Betriebsrat muss auf der Seite der Belegschaft stehen – ohne Wenn und Aber.
  2. Produktion geht menschlicher: längere Taktzeiten, angemessene Bandpausen, Schluss mit der Unterbesetzung.
  3. Ihre Freizeit gehört den Beschäftigten: mindestens 20 Tage frei verfügbarer Urlaub, planbare Wochenenden.
  4. Leihbeschäftigte übernehmen: Leiharbeit heißt ständige Unsicherheit. Die Kolleginnen und Kollegen müssen übernommen werden. Erst recht, wenn überall Schichten unterbesetzt sind.
  5. Gesundheitsschutz statt Druck auf die Kranken: Kein Lohnentzug mehr bei Krankheit. Besserer Gesundheitsschutz an allen Arbeitsplätzen.
  6. Schluss mit Seilschaften – gleiche Chancen für alle: Fähigkeit und Leistung und nicht Beziehungen müssen darüber entscheiden, wer befördert wird. Führungskräfte müssen qualifiziert werden, damit Teams besser funktionieren.
  7. Safety first – nichts ist wichtiger als die Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen: Für ‚Tesla-Speed‘ wird zu oft beim Unfallschutz gespart. Das muss sich ändern.
  8. Keine Diskriminierung: Gleiche Chancen für alle in der Gigafactory unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter, Behinderung oder sexueller Orientierung.
  9. Meinungsfreiheit statt Druck: Kritik und Verbesserungsvorschläge müssen ernst genommen und dürfen nicht unterdrückt werden.
  10. Tarifvertrag: Höhere Entgelte, kürzere Arbeitszeiten, mehr Urlaub: All das soll rechtssicher in einem Tarifvertrag zwischen der IG Metall und Tesla geklärt werden.


Betriebsratswahl trotz Betriebspause

Die vorgezogene Neuwahl des Betriebsrats bei Tesla in Grünheide bereits nach zwei Jahren wurde gesetzlich notwendig, da sich die Zahl der Beschäftigten deutlich auf rund 12.500 erhöht hat.

Wie schon bei der ersten Betriebsratswahl vor zwei Jahren – noch vor der Werkseröffnung – kritisierte die IG Metall den erneut frühen Wahlzeitpunkt und den unnötig hohen Zeitdruck. Die Produktion stand in den letzten Wochen wiederholt still, da zunächst Teile fehlten und dann ein Anschlag auf einen Strommast die Stromversorgung lahmlegte. Dadurch waren Produktionsbeschäftigte selten im Werk, wodurch sie bei der Betriebsratswahl benachteiligt werden. Arbeitsgerichte haben schwerwiegende Verstöße des Wahlvorstands bei Tesla festgestellt. Dennoch fand die Betriebsratswahl wie geplant statt.


IG Metall steht hinter Tesla-Werk

IG Metall-Bezirksleiter Schulze bekräftigt zudem ausdrücklich, dass die IG Metall seit dem ersten Tag die Ansiedelung und nun auch den Ausbau des Tesla-Werkes unterstützt. „Die IG Metall ist die Gewerkschaft aller Beschäftigten in der Autoindustrie in Deutschland. Für uns ist völlig selbstverständlich, dass wir den Aufbau und auch den Ausbau des Werkes in Grünheide befürworten. Wir sind für ein Tesla in Grünheide, das den Beschäftigten die in der Branche üblichen guten Arbeitsbedingungen bietet. Für dieses Ziel arbeiten die aktiven IG Metallerinnen und Metallern im Werk mit unglaublicher Leidenschaft und Standhaftigkeit. Die gesamte Organisation unterstützt sie dabei und steht hinter ihnen, damit sie den Gegenwind aushalten können, der ihnen gerade von oben entgegenweht.“

Weitere Berichte und Hintergründe bei der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen.

Zur Internetseite IG Metall@Tesla.

„IG Metall ist drin bei Tesla“: Reportage zur Blitz-Aktion im Oktober 2023.

 

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen