Streik zeigt Wirkung – Kunden fragen nach
Dabei zeigt der Streik längst Wirkung: Kunden fragen an, wo ihre Elektromotoren (etwa für Gabelstapler und Landmaschinen) bleiben. Das wird teuer für Schabmüller. Nicht nur wegen dem Produktionsausfall, sondern auch wegen der Konventionalstrafen für ausbleibende Lieferungen erklärt Thomas Brenner, Leiter der IG Metall-Vertrauensleute bei Schabmüller. „Ich bin seit 21 Jahren hier und kenne Schabmüller als guten, soliden Arbeitgeber. Doch in letzter Zeit gehen vermehrt Mitarbeiter, die sagen: Tut mir leid, ich kann es mir nicht mehr leisten, hier zu arbeiten. Zudem werden in den nächsten Jahren 150 altersbedingt gehen. Wie wollen wir so unsere Zukunft sichern?“
Dabei ist Schabmüller ein kerngesunder Betrieb. In den letzten acht Jahren hat sich der Umsatz verdoppelt. Die Gewinne sind meist zweistellig. Doch die Beschäftigten bekommen davon nichts ab. Deshalb stimmten bereits letztes Jahr im Februar 96 Prozent der Beschäftigten für einen Tarifvertrag. Vor einem Jahr übergaben sie ihrem Arbeitgeber dann die Forderungen. Dieses Jahr feiert Schabmüller sein 100-jähriges Bestehen. Da wäre ein Tarifvertrag doch ein gutes Zeichen: Verlässlichkeit, auch für das Unternehmen und seine Kunden.
Beim Gespräch mit Vertrauenskörperleiter Thomas Brenner kommt ein älterer Beschäftigter kurz vor der Altersteilzeit dazu, mit einem IG Metall-Beitrittsschein in der Hand. Er war 2019 ausgetreten. Doch jetzt will er wieder dabei sein. „Wegen der Solidarität“, erklärt er. „Ich hab‘ gestern bei der Kundgebung fast zu heulen angefangen. Man muss da sein, um das zu verstehen. Ich habe auch meiner Tochter und meiner Enkelin gesagt, sie sollen vorbeikommen.“
Fünf Verkäufe hat er in den letzten 30 Jahren miterlebt – zuletzt von der Investmentgesellschaft Aurelius, die enormen Profit aus ihnen herausholte, an den italienischen Elektronikkonzern ZAPI. Das Miteinander wurde immer weniger, findet er, die Anerkennung für die Belegschaft. „Doch jetzt ist die Stimmung bombig. Die haben endlich wieder Respekt vor der Belegschaft. Lasst Euch bloß nicht reinlegen“, gibt er Thomas Brenner mit, der auch Mitglied der Verhandlungskommission ist.
Kampf bei Schabmüller strahlt aus
Jeden Tag treten Beschäftigte in die IG Metall ein – nicht nur von Schabmüller, sondern auch aus umliegenden Betrieben, die sehen, was hier passiert. Und sie fragen nach: Wie geht das? Wie habt ihr das gemacht?
„Unser gemeinsamer Kampf um einen Tarifvertrag hier bei Schabmüller strahlt in andere Betriebe in der Region aus“, berichtet Rico Irmischer, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Regensburg, der derzeit meist in seinem Wohnwagen neben dem Werksgelände übernachtet. „Wir haben immer mehr Anfragen aus Belegschaften, die sich organisieren wollen.“
Und jeden Tag kommen Metallerinnen und Metaller aus ganz Bayern vorbei, um ihre Solidarität zu demonstrieren, um Spenden zu bringen und die Streikenden zu unterstützen. Auch Horst Ott, der Bezirksleiter der IG Metall Bayern schaut nachmittags auf dem Rückweg von seiner Rede auf der Mai-Kundgebung in Bamberg mit seinem Team noch mal bei den Streikenden vorbei.Mittlerweile ist ihr Streik in allen Medien. Und es spricht sich herum, in den Dörfern, in der ganzen Oberpfalz. Am Morgen hat die Betriebsratsvorsitzende Christine Billmann auf der Maikundgebung vor dem alten Rathaus von 1430 in Neumarkt unter Applaus von ihrem Streik bei Schabmüller berichtet. „In den letzten Jahren ist das Delta zwischen unseren Löhnen und dem Metall-Tarif immer größer geworden. Wir haben dem Arbeitgeber Schritte angeboten, um das Delta nach und nach zu schließen. Doch unser Arbeitgeber wollte uns in den ersten Verhandlungen ganze 17 Euro mehr im Monat in der Ecklohngruppe geben. Und wir sollten weiter kostenlos fünf Stunden mehr in der Woche arbeiten. Deshalb haben wir nicht leichten Herzens zu 97,62 Prozent für den unbefristeten Streik gestimmt.“
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