Arbeits- und Gesundheitsschutz
„Es droht ein kranker Teufelskreis“

Stress, Arbeitshetze, Belastungen und entfremdende Arbeit werden zunehmend zur Gefahr für Beschäftigte und Betriebe. Das zeigt der „Fehlzeitenreport 2024“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. Gesundheitsschutz ist Arbeitgeberpflicht und letztlich auch ein Standortvorteil.

11. Oktober 202411. 10. 2024


Die Ergebnisse sind eindeutig: Beschäftigte, die eine höhere emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber haben, sind zufriedener mit ihrer Arbeit, sie sind seltener krankgeschrieben und zeigen eine signifikant geringere Wechselabsicht. Die Arbeitsbedingungen, das zeigt eine aktuelle, repräsentative Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK für den „Fehlzeiten-Report 2024“ eindringlich, sind ein Schlüsselfaktor für Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Beschäftigten. Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen höherer Bindung der Beschäftigten an ihren Arbeitgeber auf der einen und einer merklich besseren Gesundheit auf der anderen Seite.

Ebenso klar und eindeutig zeigen die aktuellen AOK-Zahlen nun allerdings auch: Um die Gesundheit der Beschäftigten in Deutschland ist es nicht gut bestellt. Laut Studie wird die Zahl der krankheitsbedingten Fehlzeiten von Beschäftigten in diesem Jahr einen Rekord erreichen. Allein zwischen Januar und August kamen auf 100 Versicherte rund 225 krankheitsbedingte Arbeitsausfälle, wie der AOK-Bundesverband auf Basis von Krankmeldungen ermittelt hat. Das waren zu diesem Zeitpunkt genau so viele Krankheitsfälle wie im Gesamtjahr 2023.
 

Psychische Erkrankungen nehmen zu

Ein langfristig wirkender Faktor für höhere Krankenstände ist laut Report der stetige Anstieg von Fehlzeiten durch psychische Erkrankungen. Hier kamen zwischen Januar und August auf 100 Versicherte rund 15 solcher Fälle - und damit schon jetzt mehr als im Gesamtjahr 2023. Weil Arbeitnehmer in solchen Fällen meist deutlich länger krankgeschrieben sind als etwa bei einer Erkältung, hat sich die Zahl der Fehlzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen zwischen 2014 und 2024 um fast die Hälfte erhöht. Im Schnitt sind die Beschäftigten in diesem Fall mehr als 28 Tage krankgeschrieben.

Hans-Jürgen Urban fordert daher die Arbeitgeber auf, besonders die Folgen psychischer Belastungen und der langen Ausfallzeiten endlich ernst nehmen. „Stress, Arbeitshetze, Belastungen und entfremdende Arbeit werden zunehmend zur Gefahr für Beschäftigte und Betriebe“, so das geschäftsführende Vorstandsmitglied der IG Metall. Dass die Arbeitsunfähigkeits-Tage aufgrund psychischer Erkrankungen seit 2014 fast um die Hälfte zugenommen habe, sei ein Alarmsignal. „Die Arbeitgeber müssen endlich ihrer Verantwortung für die psychische Gesundheit der Beschäftigten gerecht werden. Statt neuer bürokratischer Hürden für Krankmeldungen braucht es mehr Prävention durch verbindliche Regeln durch die Politik wie eine Anti-Stress-Verordnung.“
 

Mehr Prävention nötig

Lediglich 40 Prozent der betroffenen Beschäftigten hätten nach ihrer Krankheit die Chance auf ein Eingliederungsmanagement zurück in die Arbeit, so Urban. Es sei unverständlich, wie antriebslos die Ampelkoalition ein versprochenes Gesetz dazu betreibe. „Wir brauchen endlich ein flächendeckendes, wirksames betriebliches Eingliederungsmanagement mit individuellem Rechtsanspruch der Beschäftigten nach langer und wiederholter Krankheit. Sonst droht ein kranker Teufelskreis“, betont Hans-Jürgen Urban.

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen