Seit inzwischen sechs Wochen streiken die Beschäftigten der Neue Halberg Guss um einen Sozialtarifvertrag. Es gab schon sechs Tarifverhandlungen ― ohne Ergebnis. Heute hat die IG Metall gefordert, den Konflikt mit Hilfe eines Schlichters beizulegen.
Heute, an ihrem 42. Streiktag, standen für die Beschäftigten der Werke des Autozulieferers Neue Halberg Guss (NHG) in Saarbrücken und Leipzig um 11 Uhr Streikversammlungen auf dem Terminplan. Wir informierten sie über den Vorschlag, den wir der Geschäftsleitung heute noch unterbreitet haben, um den Tarifkonflikt endlich zu lösen. Wir fordern das Management auf, eine Schlichtung zu akzeptieren. Als Schlichter schlagen wir den früheren Vizepräsidenten des Arbeitsgerichts Mannheim Lothar Jordan vor. Er hat jahrzehntelange Erfahrungen als Schlichter und Leiter von Einigungsstellenverfahren. Lässt sich die Geschäftsleitung darauf ein, sind wir bereit, den Arbeitskampf auszusetzen. Das erklärten die beiden Leiter der IG Metall-Bezirke, zu denen die beiden Werke gehören, Jörg Köhlinger aus dem Bezirk Mitte, und Olivier Höbel aus dem Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen, heute in Frankfurt am Main. Sie setzten dem Management eine Frist bis morgen 24 Uhr, um zu erklären, ob sie den Vorschlag annehmen.
Kein Zukunftskonzept
Die rund 2 200 Beschäftigten in Sachsen und dem Saarland kämpfen seit dem 14. Juni um einen Sozialtarifvertrag. Wir fordern für den Fall, dass Beschäftigte ihre Arbeitsplätze verlieren, Abfindungen, außerdem eine Transfergesellschaft für zwölf Monate, die sie qualifiziert und ihnen hilft, neue Stellen zu finden, und einen Treuhandfonds, um die Finanzierung der Leistungen für die Belegschaften zu sichern. NHG hat angekündigt, die Gießerei in Leipzig, in der rund 700 Menschen Zulieferteile für die Autoindustrie herstellen, zu schließen. In Saarbrücken sollen 300 der 1 500 Arbeitsplätze abgebaut werden. Aber auch für die Beschäftigten, die nicht davon betroffenen wären, gibt es nur eine Beschäftigungsgarantie für 2019. „Uns geht es nicht um Geld, sondern darum, dass unsere Arbeitsplätze erhalten bleiben“, betont Bernd Geier, der Betriebsratsvorsitzende von NHG in Saarbrücken. Nur: Bisher präsentierte das Management den Beschäftigten und der IG Metall kein Konzept, wie es in Zukunft weitergehen kann. Abnehmer in der Autoindustrie drohen abzuspringen, nachdem NHG in der Vergangenheit mit Lieferboykotts bei wichtigen Kunden massiv erhöhte Preise erpresst hatte.
Reine Notwehr
„Der Arbeitskampf war eine reine Notwehrmaßnahme“, sagen Köhlinger und Höbel übereinstimmend. Nachdem die NHG-Geschäftsleitung angedroht hatte, hunderte Arbeitsplätze abzubauen, ohne soziale Verantwortung für die Beschäftigten zu übernehmen, hatten „wir keine Alternative“, betont Köhlinger. Sollte NHG ein Zukunftskonzept vorlegen, das Sicherheit und Perspektiven für die Belegschaften einschließt, könnten die Mittel, die in den Treuhandfonds fließen, im Unternehmen bleiben und für Investitionen eingesetzt werden.
Verantwortung verweigert
Der lange Arbeitskampf zeigt inzwischen Fernwirkungen. In einigen Autofirmen drohen allmählich Engpässe, weil keine Teile mehr aus Leipzig und Saarbrücken angeliefert werden. Betroffene Firmenchefs haben ihre Sorgen schon öffentlich geäußert. Das zeigt, dass die NHG wichtig für die Industrie ist ― und in Zukunft sein könnte, wenn sie gut und verantwortungsvoll gemanagt würde, sagen die IG Metall-Bezirksleiter Höbel und Köhlinger. Doch Verantwortung hat sie nicht nur in der Unternehmensführung vermissen lassen, sondern auch in den Verhandlungen um den Sozialtarifvertrag. Statt seriöse Angebote zu machen, schickte sie Anwälte zu den Arbeitsgerichten, um die Arbeitskämpfe verbieten zu lassen. Ohne Erfolg, aber immer wieder.
Den Schlüssel hat die Geschäftsleitung
Jetzt wollen wir die beim NHG-Management vermisste Verantwortung übernehmen, indem wir die Schlichtung vorschlagen. „Es ist der Versuch einer Deeskalation“, sagt Olivier Höbel. „Unser Ziel bliebt dabei, die beste Lösung für unsere Kollegen zu erreichen.“ „Den Schlüssel dafür, den Konflikt zu beenden, hat die Geschäftsleitung“, betont Jörg Köhlinger. Wenn die NHG-Führung ihn nicht nutzt, „sind wir aber auch bereit, den Arbeitskampf weiterzuführen“, macht Höbel deutlich. Daran lässt auch Thomas Jürs, der Betriebsratsvorsitzende in Leipzig keinen Zweifel: „Die Streikmoral ist in beiden Werken immer noch hoch.“
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