Niemand hätte kurz nach der Wende noch einen Pfennig auf EKO Stahl gewettet. Das Werk galt als nicht sanierungsfähig. Aber es trat ein, womit niemand gerechnet hat: Betriebsrat, Belegschaft und IG Metall vereint trieben einen politischen Prozess zur Rettung des Stahlwerks voran. Tatsächlich ist den Arbeitnehmervertretern und den Beschäftigten etwas gelungen, was kaum jemand glaubte.
Der Kampf um die Zukunft des Werks begann unmittelbar nach der Wende 1989. Ein großer Teil der Produktionsanlagen waren alt und überholt. Das Werk brauchte eine grundlegende Modernisierung. Eigentlich ein typischer Fall für eine Standortschließung. Doch die Arbeitnehmervertreter und eine starke gewerkschaftlich organisierte Belegschaft verhinderten erfolgreich die Pläne, das Stahlwerk zu demontieren und votierten für eine zukunftssichere Privatisierung. Dafür waren sie auch bereit, Einschnitte hinzunehmen.
Druck auf Politik und Treuhand
Allen Beteiligten war bewusst, dass die Region und die Stadt ohne das Stahlwerk zum Sterben verurteilt waren. Mit spektakulären Aktionen übte die Belegschaft Druck auf die Politik und die Treuhand aus. Außerdem erarbeiteten IG Metall und Betriebsrat ein Sanierungs- und Modernisierungskonzept mit aus, von dem sie auch die Treuhand überzeugen konnten. Diese glich die Verluste aus und stellte Gelder für Modernisierungsarbeiten bereit. Ein neues Berufsbildungszentrum wurde eröffnet. Vorruhestandsregelungen und Sozialpläne federten den Personalabbau ab.
Die geplanten Investitionen wurden zügig umgesetzt. Das war auch die Voraussetzung für eine Privatisierung, die nach zwei gescheiterten Anläufen dann gelang. 1997 war ein weiteres entscheidendes Jahr: Ein neuer Hochofen, eine modernisierte Sinteranlage sowie ein hoch-modernes Warmwalzwerk wurden in Betrieb genommen. 1999 folgte die zweite Verzinkungsanlage und 2001 die Schubbeize. Damit war das Werk gewissermaßen über den Berg. Basis für den Erfolg war und ist eine hochqualifizierte, selbstbewusste und stark motivierte Belegschaft.
Belegschaft beteiligt
Die Beschäftigten sind stolz darauf, was sie seit der Gründung des Werks 1950 geleistet haben. Für sie ist es selbstverständlich, bei Aktionen mitzumachen, mitzudiskutieren und Ideen einzubringen. Sei es die Blockade einer Bundesautobahn, einer Demonstration vor der Treuhand in Berlin oder einer Mahnwache in Eisenhüttenstadt. Doch wie sehr die Belegschaft engagiert ist, lässt sich auch an den vielen Verbesserungsvorschlägen im Produktionsprozess ablesen.
Die Betriebsräte von ArcelorMittal waren sich ihrer Rolle und der Ziele immer bewusst, sie sorgen kontinuierlich für Transparenz in der Belegschaft und haben einen guten Rückhalt. Die Arbeitnehmervertreter müssen auf vielen Bühnen spielen: Ihre Kreativität und ihr Verhandlungsgeschick sind gefragt. Einerseits, um Aktionen und Demonstrationen mit der Belegschaft durchzuführen, aber auch, weil wichtige Entscheidungsträger aus der Geschäftsführung überzeugt werden müssen. Die Arbeitnehmervertreter brauchen Ausdauer und Durchhaltevermögen, um kontinuierlich den Prozess mit allen Beteiligten voran zu treiben.
Respekt und Toleranz
Vorbildhaft ist auch, wie sich Belegschaft, Betriebsrat und Unternehmen für Toleranz und gegen Rassismus engagieren. In der Arbeitsordnung des Unternehmens ist festgelegt, dass die Beschäftigten sich am Arbeitsplatz und auch außerhalb des Arbeitsplatzes jeder Form der Diskriminierung enthalten. Damit kann auch außerbetriebliches Fehlverhalten betrieblich sanktioniert werden. Zudem ist es bereits seit den 90iger Jahren eine Selbstverständlichkeit, dass auch in ausgegliederten Unternehmensteilen Betriebsräte gewählt werden und die Beschäftigten nach Tarif bezahlt werden.
Das Beispiel des Stahlkonzern ArcelorMittal zeigt, was es bringt, wenn Betriebsräte sich über die Möglichkeiten des Betriebsverfassungsgesetz hinaus in der Industrie- und Gesellschaftspolitik einmischen. Und es zeigt, wie erfolgreich Betriebsräte sein können, wenn eine gewerkschaftlich gut organisierte Belegschaft mitzieht.