Betriebsrätepreis 2016: Beschäftigungssicherung bei Marquardt
Zukunftssichernde Investitionen statt Arbeitsplatzabbau

Mehr als schlecht stand es um die Zukunft der deutschen Standorte des Automobilzulieferers Marquardt. Bis der Betriebsrat mit seinem Konzept Geschäftsführung und Beschäftigte gleichermaßen überzeugen konnte.

12. August 201612. 8. 2016


Bis zu 800 der 2500 Arbeitsplätze wollte der Automobilzulieferer Marquardt in Rietheim-Weilheim nach Rumänien und Mazedonien verlagern.

Die Gründe: Hoher Kostendruck in der Automobilbranche und gescheiterte Verhandlungen über einen Haustarifvertrag im Jahr 2013, mit dem man ihm hätte begegnen können. Gekommen ist es anders – dank der Initiative des Betriebsrats, die ihr nun eine Nominierung für den Deutschen Betriebsrätepreis eingebracht hat.

„Wir konnten das nicht einfach geschehen lassen, sondern mussten etwas unternehmen“, sagt Antonio Piovano, Betriebsratsvorsitzender der Marquardt GmbH (Foto). Der Betriebsrat brachte Geschäftsleitung und IG Metall an einen gemeinsamen Tisch, um über die Erhaltung des Standorts zu verhandeln. Und er entwickelte ein Konzept, wie die geforderten Einsparungen in Höhe von 12 Millionen Euro erbracht werden können.

Das Ergebnis: Ein Beschäftigungssicherungstarifvertrag, der alle Arbeitsplätze bei Marquardt in Deutschland, auch die in der Marquardt Service GmbH, bis 2020 sichert – und die Zusage für Investitionen in Höhe von 20 Millionen Euro enthält: Geplant sind ein Entwicklungs- und Innovationszentrum sowie ein Ausbildungszentrum ebenso wie ein modernes Betriebsrestaurant. „Das ist ein klares Bekenntnis zum Standort“, freut sich Piovano.

Außerdem stellt der Arbeitgeber Geld für Bildungsteilzeit zur persönlichen Weiterbildung bereit und er gewährt ein Budget von insgesamt 100 Tagen bezahlter Bildungsfreistellung für die IG Metall-Vertrauensleute.

„Darüber hinaus bekommen alle Auszubildenden und DHBW-Studenten zugesichert, unbefristet übernommen werden. Und sie erhalten einen Tag Bildungsurlaub im Jahr, an dem sie sich bei der IG Metall Albstadt über Arbeits- und Tarifrecht informieren lassen können“, ergänzt Betriebsratsvorsitzender Piovano.

Ganz umsonst ist die Vereinbarung aber nicht. Die Gegenleistung: Der Arbeitgeber bekommt während der Laufzeit des Tarifvertrags bis 2020 drei Wochenstunden unentgeltliche Arbeitszeit vom jedem Beschäftigten. Geschäftsführung und leitende Angestellte müssen einen wertgleichen Verzicht leisten. Außerdem werden Tariferhöhungen erst neun Monate später wirksam. Das jedoch haben die IG Metall-Mitglieder im Betrieb bewusst so mitentschieden. Sie waren in die Verhandlungen eingebunden und haben am Ende über den Tarifvertrag abgestimmt. Fast 84 Prozent waren dafür.

Das Familienunternehmen Marquardt stellt elektronische Schalter und Schaltsysteme her. Es zählt weltweit rund 8000 Beschäftigte an 14 Standorten in zehn Ländern in Europa, Amerika, Afrika und Asien.

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