IT-Gipfel in Saarbrücken
Die digitale Transformation gestalten

Auf dem Nationalen IT-Gipfel in Saarbrücken diskutierten mehr als 1000 Experten über den digitalen Wandel der Arbeitswelt. Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall: „Wir brauchen einen Kulturwandel, damit der Anspruch auf berufliche Fortbildung als öffentliches Gut selbstverständlich wird.“

18. November 201618. 11. 2016


Natürlich geht es auch um Bandbreiten. Um leistungsfähige Server und passende Schnittstellen, um Geschwindigkeit und Frequenz, um Clouds und Bytes, alles richtig, alles wichtig. Allein: Digitalisierung ist mehr als Technik, ist mehr als Innovation, ist viel mehr als Glasfaserkabelausbau und die Frage, ob es für Smartphones bald flächendeckend 50 Gigabit geben wird. Digitalisierung ist derzeit dabei, die Arbeitswelt grundlegend und rasant zu verändern. Und damit die gesamte Gesellschaft, die Art, wie wir leben und arbeiten.

Auf dem IT-Gipfel in Saarbrücken diskutierten jetzt mehr als 1000 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und von der IG Metall zwei Tage lang über die sich grundlegend verändernde Arbeitswelt der Industrie und was getan werden kann, um Beschäftigte zu qualifizieren. Deutlich wurde: Qualifizierung ist der Schlüssel ist, um den digitalen Wandel zu gestalten – denn durch Digitalisierung wandeln sich nicht nur Produktionsprozesse und Produkte. Mit der technischen Transformation kommen auch neue Tätigkeiten auf die Menschen zu. Und mit ihnen neue Anforderungen.

Für Jörg Hofmann ist es dringend geboten, flächendeckende Aus- und Weiterbildungsangebote in den Betrieben zu entwickeln. „Qualifizierung ist ein Thema, das Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen angeht. Der Arbeitsort muss für alle zum Lernort werden“, sagte der Erste Vorsitzende der IG Metall in Saarbrücken. Lernen, Bildung und Weiterbildung müsse während des gesamten Erwerbslebens mit einem individuellen Rechtsanspruch für alle Beschäftigten verbunden werden „Dazu gehört die Öffnung der Berufsschulen und der Hochschulen für Weiterbildungsangebote wie auch die materielle Absicherung des Einzelnen für eine zweite Ausbildung.“


Den Arbeitsort zum Lernort machen

Als Schritt in die richtige Richtung bewertete der IG Metall-Vorsitzende deshalb die auf dem IT-Gipfel vorgestellten Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppe „Arbeit, Aus- und Weiterbildung“, die sich aus Betriebsräten, Unternehmens- und Verbandsvertretern zusammensetzt und von der IG Metall geleitet wird. Die von Constanze Kurz geführte Arbeitsgruppe empfiehlt, eine flexible und stetige Weiterbildung zu ermöglichen und Bildungsbereiche eng miteinander zu verzahnen. „Dazu müssen wir Testfelder und Kompetenzzentren stärker als bislang für Qualifizierung nutzen“, sagte Constanze Kurz. „Wichtig ist, dass Betriebsräte und Beschäftigten bei der Einführung und Ausgestaltung beispielsweise von digitalen Assistenz- und Lernsystemen von Anfang an beteiligt werden“.

Dass digitale Systeme einen Beitrag zum arbeitsplatzintegriertem Lernen beitragen können, macht das Forschungsprojekt „APPsist“ deutlich, das von der IG Metall als Projektpartner begleitet und unter Einbindung von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Beschäftigten entwickelt wurde – und nun in Saarbrücken Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgestellt wurde. Das Wissens- und Assistenzsystem stellt sich automatisch auf den Unterstützungsbedarf von Beschäftigten mit unterschiedlichem Vorwissen ein und gibt Hilfestellungen. Gleichzeitig unterstützt APPsist mit Lernfunktionen den individuellen Kompetenzerwerb. Eingeführt und getestet wurde das System bei Festo im saarländischen St. Ingbert-Rohrbach. In dem Werk, in dem 2300 Beschäftigte Pneumatikzylinder herstellen, werden nun bald flächendeckend Tablets eingesetzt, die es dem Maschinenbediener ermöglichen, selbstständig den Fehler an der Anlage zu beheben – und sich dabei direkt am Arbeitsplatz weiterzubilden.


„APPsist“ hilft bei arbeitsplatzintegriertem Lernen

„Appsist zeigt, dass betriebliche Mitbestimmung eine wichtige Stellschraube ist, damit zeitgemäße Qualifizierungsangebote Realität werden können“, so Jörg Hofmann. Nötig seien zukünftig allerdings noch „mehr Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte in Form eines Initiativrechts“, um so Weiterbildungsangebote einfordern zu können. Der IG Metall-Chef ist sich sicher: „Industrie 4.0 kann für alle Seiten zum Gewinn werden, wenn sie von einer veränderten Unternehmens-, Führungs- und Arbeitskultur flankiert und unterstützt wird. Dies wiederum setzt eine lebendige Mitbestimmung und Beteiligung der Beschäftigten in den Betrieben voraus.“

Zukunft der Arbeit - Digitalisierung

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