Mobbing gegen Betriebsräte
Eltern gründen Betriebsrat - Firma feuert Tochter

Stell Dir vor, Du leitest eine Betriebsratswahl ein, bist gesetzlich geschützt – aber dann feuern sie Deine Tochter. Genau das ist Alina Mendera und Sebastian Trzmiel bei Prepart in Lichtenfels/Nordhessen passiert. Den Betriebsrat wählen sie trotzdem.

21. April 202321. 4. 2023


Sie wollen endlich einen Betriebsrat beim Verbindungstechnikhersteller Prepart in Lichtenfels in Nordhessen – damit der Arbeitgeber nicht mehr alles allein entscheidet, ohne mit ihnen zu sprechen. Sie sind rund 100 Beschäftigte. Besonders nerven sie die Schichtwechsel von heute auf morgen, erzählt Sebastian Trezmiel.

Deshalb wollen er und seine Lebenspartnerin Alina Mendera gemeinsam mit vier anderen Beschäftigten mit Hilfe der IG Metall einen Betriebsrat bei Prepart gründen. Als Initiatoren einer erstmaligen Betriebsratswahl sind sie besonders vor Kündigung geschützt. Sie hängten die Einladung zur Wahlversammlung im Betrieb aus, mit ihren Unterschriften.

Am gleichen Tag erhielt ihre Tochter die Kündigung.
 

IG Metall kümmert sich um neuen Job für die Tochter

 „So was habe ich auch noch nicht erlebt. An die Eltern kommt man durch besonderen Kündigungsschutz nicht ran – und dann kündigt man die Tochter“, staunt Andreas Köppe von der IG Metall Nordhessen. „Nach den uns vorliegenden Rückmeldungen gab es für die Kündigung keinen Grund. Da sie noch in der Probezeit ist, sieht das so aus, als will das Unternehmen den Eltern damit zeigen, dass die Betriebsratswahl nicht gewünscht ist.“

Aber: Alinas und Sebastians Tochter hat bereits neue Jobs in Aussicht – bei Metall- und Elektrobetrieben aus der Region. Die IG Metall Nordhessen hat ihre Betriebsräte angeschrieben, die sich sofort gekümmert haben.
 

Alina Mendera und Sebastian Trzmiel mit Tochter

Alina Mendera und Sebastian Trzmiel mit Tochter: Alle drei sind in die IG Metall eingetreten. (Foto: privat)

 

Erster Wahlvorstand zog zurück – neuer Anlauf

Alina, Sebastian und die anderen vier starten jetzt bereits den zweiten Anlauf. Vor nicht einmal einem Monat hatte die Belegschaft bereits drei andere Beschäftigte in den Wahlvorstand gewählt. Doch über Nacht traten sie zurück und brachen den Kontakt zur IG Metall ab. Über die Gründe wird nur spekuliert.

Normalerweise ist das dann das Ende einer Betriebsratswahl, meint IG Metall-Sekretär Andreas Köppe. Doch er hatte noch Kontakte zu 20 weiteren Beschäftigten, die er zu einer Infoveranstaltung zur Betriebswahl eingeladen hatte. Sechs mutige Beschäftigte kamen zu einer weiteren Videositzung – und erklärten sich noch in der Sitzung bereit, die Betriebsratswahl weiter durchzuziehen.
 

Trotz allem: Wahlvorstand steht – Betriebsratswahl läuft

„Wir fanden das super, dass die drei anderen die Betriebsratswahl gestartet haben“, meint Alina Mendera. „Und wir haben uns gesagt: Die Belegschaft ist motiviert. Diesen Moment müssen wir nutzen.“

Die Wahlversammlung fand wie geplant statt. Und alle sechs sind in den Wahlvorstand gewählt. Sie organisieren jetzt die eigentliche Betriebsratswahl. Zwölf Kandidatinnen und Kandidaten stehen für den künftigen fünfköpfigen Betriebsrat zur Wahl.

Seit diesem Montag findet die Betriebsratswahl bei Prepart statt. Erste Ergebnisse stehen erst am Freitag fest – bis dahin haben Briefwähler noch die Möglichkeit ihre Stimme abzugeben.

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