Jahrestag 19. Februar
Anschlag von Hanau: Wo bleiben die Konsequenzen?

Am 19. Februar 2020 starben in Hanau neun Menschen bei einem rassistischen Anschlag. Zwei Jahre danach kämpfen die Angehörigen noch immer für Aufklärung – und für politische Konsequenzen.

17. Februar 202217. 2. 2022


Am 21. Januar 2022, wenige Wochen vor dem zweiten Jahrestag der rassistisch motivierten Morde von Hanau, spricht die Mutter des getöteten Ferhat Unvar vor dem Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags.

Serpil Unvar hat mit Ferhat ihren ältesten Sohn verloren. Nun trägt sie vor, was sie von den Ausschussmitgliedern erwartet: „Wir wollen Aufklärung und Antworten auf unsere vielen Fragen“ sagt sie. „Sorgen Sie dafür, dass es mit den Ausreden und Ausflüchten der Behörden ein Ende hat!“

Dass es den Untersuchungsausschuss überhaupt gibt, ist ein Erfolg für die Opferinitiative. Sie hat lange dafür gekämpft. Doch ob der Ausschuss die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen kann, ist fraglich.

Serpil Unvars Vertrauen in den Staat und seine Institutionen hat in den zwei Jahren seit der Mordnacht stark gelitten. Sie erwähnt in ihrer Rede einen Brief an Angela Merkel. Sie habe diesen Brief in der Hoffnung auf eine lückenlose Aufklärung geschrieben. „Diese Hoffnung in die Politik habe ich inzwischen nicht mehr.“


Konsequenzen fehlen

Bis heute gibt es zahlreiche Fragen zu dem Anschlag und den folgenden Ermittlungen. Die Angehörigen der Opfer sind sehr unzufrieden mit dem Stand der Aufklärung. Und sie vermissen Konsequenzen.

Sie wollen nicht, dass es bei Gedenken und Trauerreden bleibt. Sie wollen, dass es keine weiteren rassistischen Morde mehr in Deutschland gibt. Behörden sollen genauer hinschauen, bekannte Rassisten sollen entwaffnet werden.

Außerdem fordern sie, dass Aufklärungsarbeit zum Thema Rechtsextremismus langfristig finanziell abgesichert wird.


Neuer Anlauf

Den letzten Punkt hatte die vorherige Bundesregierung bereits auf der Agenda. Projekte zur Demokratieförderung sollten verlässliche Rahmenbedingungen erhalten, eine dauerhafte Finanzierung sichergestellt werden. Doch das „Demokratiefördergesetz“ kam bis zur Bundestagswahl 2021 nicht mehr zustande.

Die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat angekündigt, den Kampf gegen Rechtsextremismus zu verstärken. Die IG Metall unterstützt dieses Vorhaben und fordert unter anderem:

  • Aufklärung von und Konsequenzen bei rechten Anschlägen
  • Ersetzen des Begriffs „Rasse“ im Grundgesetz
  • flächendeckende Beratungsstellen gegen Diskriminierung
  • kommunales Wahlrecht für alle dauerhaft und rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Menschen
  • unabhängige wissenschaftliche Studien zu den Themen Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Verschwörungsvorstellungen – auch für das Arbeitsleben
  • Umsetzung des Demokratiefördergesetzes


Blick zurück – und nach vorne

Konkrete politische Konsequenzen sind entscheidend, wenn die Hanauer Morde nicht folgenlos bleiben sollen.

Am Jahrestag des Anschlags stehen das Gedenken und die Trauer zwar im Vordergrund. Aber die Angehörigen und Überlebenden schauen eben auch nach vorne. Ihr Ziel ist ein gesellschaftlicher Wandel: Es soll keinen Nährboden mehr geben für derartige Taten.

Serpil Unvar formuliert es in ihrer Rede vor dem Untersuchungsausschuss so: “Ferhat und all unsere Kinder sollen nicht umsonst gestorben sein. Die Zukunft liegt in unseren Händen.“

Zum Gedenken an die Toten von Hanau finden am 19. Februar 2022 mehrere Veranstaltungen statt. Die Stadt Hanau informiert darüber auf einer Internetseite.

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