Eine fünfköpfige Familie aus Syrien und ein Ehepaar mit einer halbblinden kleinen Tochter aus Afghanistan: Flucht vor Krieg und Gewalt haben sie nach Frankfurt geführt. In unseren Beratungsstellen erhalten sie Hilfe und Kontakt zu Menschen, die sich ehrenamtlich für Geflüchtete einsetzen.
Das Ehepaar Loay und Manal Alkallas kam letzten September in Deutschland an. Nach einer Odyssee über sieben Länder. 45 Tage irrte die Familie durch Lybien, die Türkei, Griechenland, Makedonien, Serbien, Ungarn und Österreich, bis sie mit ihren drei Kindern schließlich in Frankfurt ankamen. „Wir wohnten in Syrien nahe der Grenze zum Libanon, wir hatten keine Sicherheit mehr und Angst vor den IS-Terrormilizen,“ berichten sie. Es gab Luftangriffe, eine Bombe traf ihr Haus. Dann packten sie kurzentschlossen ihre Sachen und machten sich auf die gefährliche Reise.
In der Beratungsstelle „Der Laden“, die die IG Metall jetzt in Frankfurt eröffnet hat, bekommen sie Unterstützung bei der Anerkennung ihrer Diplome. Hier werden sie in ihrer beruflichen Qualifizierung begleitet. Beide Eltern sind Akademiker, Loay ist Erdölingenieur, Manal ist IT-Spezialistin. Ob sie dauerhaft in Deutschland bleiben können ist noch ungewiss. Sie haben den Aufenthalt nur für ein Jahr bewilligt bekommen und hoffen. „Die Kinder können inzwischen richtig gut Deutsch, unser Sohn hat sogar ein Stipendium für die Internationale Schule bekommen“, berichten sie stolz.
„Der Laden“ unterstützt
Auch Familie Almadi (s. Foto) hat viel mitgemacht. Die jungen Eltern kommen aus Afghanistan. Ihre kleine Tochter Maeda ist drei Jahre alt. Ein Auge ist erblindet durch falsche Behandlung in ihrer Heimat. Jetzt braucht das kleine Mädchen eine Brille, damit ihr intaktes Auge geschont wird. Beide Familien, die eine aus Syrien, die andere aus Afghanistan, wollen sich in Deutschland integrieren und eine neue Heimat finden. Sie wissen, dass das nicht leicht sein wird.
Bei ihren Mühen hilft ihnen „Der Laden“. Unter diesem schlichten Namen haben wir jetzt eine Beratungsstelle eröffnet. In zentraler Lage im Haus der Vorstandsverwaltung in Frankfurt, fußläufig vom Hauptbahnhof, gibt es eine Anlaufstelle für Geflüchtete. „Menschen, die zu uns kommen, brauchen Hilfe und keine Ausgrenzung“, sagte IG Metall-Hauptkassierer Jürgen Kerner auf der Veranstaltung. „Die Solidarität, die uns Gewerkschaften seit weit über 100 Jahren stark macht, brauchen auch die Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Hunger flüchten. Der Laden ist ein Baustein unserer Unterstützung für Geflüchtete.“
Hilfe für das alltägliche Leben
„Wir vermitteln Berufsberatung, Deutschkurse, Lesenachmittage und Workshops, wie das Leben in Deutschland funktioniert“, berichtet Bianka Huber. Sie arbeitet hauptamtlich für uns und organisiert eigentlich Kulturveranstaltungen. Die Flüchtlingskrise hat sie persönlich so bewegt, dass sie sich für ein Hilfsangebot von unserer Seite stark macht: „Es geht uns darum, soviel Menschlichkeit wie möglich anzubieten.“
Täglich kommen 20 bis 30 Ratsuchende, berichtet Huber. Ganz konkret hilft „Der Laden“ bei der Ermittlung der individuellen Lebens- und Berufsbiografie, beim Schreiben von Lebensläufen, bei der Suche nach Praktika und bei dem Umgang mit Ämtern und Behörden. Aber auch bei Fragen wie der Eröffnung eines Bankkontos oder dem Abschließen eines Mietvertrags hilft „Der Laden“ weiter. Bei unserem Beratungsangebot arbeiten wir mit dem Verein beramí und dem Personaldienstleister MYPegasus zusammen. Unsere Geschäftsstelle in Frankfurt beteiligt sich mit einem zweimonatigen Deutschkurs für 10 bis 12 Personen, der Ende Juni beginnt. Der Kurs dient zur Überbrückung der Wartezeit auf den Integrationskurs, der derzeit sechs Monate dauert.
Kontaktbörse für freiwillige Helfer
Es ist uns ein großes Anliegen, Freiwilligen, die etwas für Schutzsuchende tun wollen, bei der Kontaktaufnahme zu helfen. „Jeder, der Interesse an praktischer Unterstützung für die Geflüchteten hat, kann sich bei uns im Laden melden“, sagt Bianka Huber. Bei Anita Peter hat dieser Ansatz schon geklappt. Die pensionierte Lehrerin kam vor vier Wochen zum „Laden“ und fragte nach, ob sie helfen könne. Hier konnte sie gleich Bekanntschaft machen mit Familie Almadi aus Afghanistan.
Anita Peter hilft jetzt dabei, dass die kleine Maeda die richtige medizinische Behandlung für ihre Augen bekommt und in den Kindergarten gehen kann. Und sie kümmert sich darum, dass die Eltern Deutsch lernen. Die 23jährige Mutter von Maeda, die eigentlich Analphabetin ist und in ihrem Herkunftsland als Näherin gearbeitet hat, kann inzwischen alle Buchstaben. Noch ist nicht geklärt, ob Familie Almadi dauerhaft bleiben kann. „Aber sie wollen sich hier integrieren“, sagt Peter.
Unterstützung auch in den Herkunftsländern
In vielen unserer Geschäftsstellen gibt es bundesweit vielfältige Hilfsprojekte für Geflüchtete. IG Metaller bieten ehrenamtlich Deutschunterricht und Computerkurse an, organisieren Spendenbasare, deren Erlös den Geflüchteten zugutekommt. Viele haben direkten Kontakt zu einzelnen Familien geknüpft und helfen mit Kinderkleidung aus, schenken Fahrräder und anderes Nützliches weiter. „Der ’Laden’ in Frankfurt und die vielfältigen Aktionen in anderen Städten leben durch das persönliche Engagement von IG Metallern, das lässt sich nicht von oben verordnen“, sagt Kerner.
Um die Integration von Geflüchteten hierzulande zu befördern und ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, schlagen wir ein Integrationsjahr vor, bei dem Arbeit und Qualifizierung betriebsnah kombiniert werden. Wirl setzen uns für eine solidarische und nachhaltige Flüchtlings- und Integrationspolitik ein. Das bedeutet eine Haltung des Respekt, der Anerkennung und Würde gegenüber Fremden, die vielleicht morgen Mitbürger und Kollegen sein werden. Sie fordert aber auch, dass die Fluchtursachen in den Herkunftsländern bekämpft werden. In Afghanistan beispielsweise helfen wir ganz praktisch beim Aufbau von Gewerkschaftsstrukturen, damit die Menschen vor Ort sich für ihre politischen Rechte einsetzen und bessere Arbeitsbedingungen erreichen.
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