Vestas-Techniker fordern Tarifvertrag
Nach 4 Monaten: Streik bei Windradbauer Vestas zeigt Wirkung

Der Windradbauer Vestas braucht Fachkräfte, um tausende Windräder für die Energiewende zu bauen. Doch Lohnerhöhungen gab es in den letzten Jahren kaum. Die Beschäftigten wollen endlich einen Tarifvertrag. Monatelang hatte sich das Management geweigert. Doch jetzt starten die Gespräche.

26. Januar 202326. 1. 2023 |
Aktualisiert am 10. März 202310. 3. 2023


Bis 2030 will die Ampel-Koalition die Windstrom-Produktion verdoppeln, damit die Energiewende und die Transformation der Industrie gelingt. Geschätzt 15 000 Windräder müssten dafür gebaut werden. Im Moment geht das noch viel zu langsam: 2022 kamen gerade einmal 344 Windräder dazu.

Doch für den schnelleren Ausbau fehlen tausende Fachkräfte. Kein Wunder: Selbst der Weltmarktführer, der dänische Windanlagenbauer Vestas, zahlt in Deutschland immer noch keinen Tarif. Dabei wird die Arbeit immer schwerer, die Masten immer höher – 150 Meter und mehr. Doch die Löhne bei Vestas sind seit Jahren nicht gestiegen. Es gibt kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld – und keine Altersteilzeit, trotz des harten Jobs.

Deshalb sind die Windradmonteure bei Vestas seit dem 7. November mit Unterbrechungen im Streik. Sie haben sich in der IG Metall organisiert, eine Tarifkommission gewählt und fordern endlich einen Tarifvertrag.

„Nur gemeinsam und mit Tarifverträgen werden wir die Energiewende voranbringen. Das muss die Geschäftsführung von Vestas endlich einsehen“, fordert Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste. „Wer – wie der dänische Windanlagenhersteller – für soziale und nachhaltige Werte in der Öffentlichkeit stehen will, muss den Weg für regelmäßige Tarifsteigerungen, Sonderzahlungen und Altersteilzeit freimachen.“
 

Endlich: Vestas-Management spricht mit der IG Metall

Monatelang hatte sich das Vestas-Management geweigert, mit der IG Metall-Tarifkommission bei Vestas zu verhandeln, trotz erheblicher Schäden durch die Streiks.

Doch jetzt hat das Managemt endlich eingelenkt: Die Vestas Deutschland GmbH und die IG Metall haben sich darauf verständigt, ab Montag in Gespräche einzutreten. Die IG Metall wird ihre Streiks anlässlich der Aufnahme der Gespräche aussetzen.

„Die aktuelle wirtschaftliche Lage ist eine große Herausforderung für unsere gesamte Branche und wir sind nach wie vor der Meinung, dass eine Lösung auch ohne Tarifvertrag möglich ist“, stellt Nils de Baar, Geschäftsführer der Vestas Deutschland GmbH, heraus. „Die Streik-Situation ist jedoch für viele unserer Mitarbeitenden eine Bürde geworden und wir können es nicht länger hinnehmen, dass unsere Belegschaft weiter gespalten wird. Deshalb haben wir uns entschieden, mit der IG Metall an einer Lösung zu arbeiten.“

IG Metall-Bezirksleiter Daniel Friedrich erkennt in den Gesprächen „eine Chance, ein Tarifpaket zu schnüren, das den Interessen der Beschäftigten und Vestas als Arbeitgeber zugutekommt.“

 

Vestas sucht dringend Fachkräfte

Mit zahlreichen Kundgebungen demonstrierten die Vestas-Windkraftservicetechnikerinnen und -techniker in den letzten Monaten für ihren Tarifvertrag – vor der Deutschlandzentrale in Hamburg, vor der Konzernzentrale im dänischen Aarhus. Ein Delegation war auch im Bundestag. „Der starke Wille der Kolleginnen und Kollegen ist beeindruckend“, erklärt Martin Bitter, Geschäftsführer der IG Metall Rendsburg und Verhandlungsführer bei Vestas.

Die Störungslisten bei Vestas wurden immer länger, Inbetriebnahmen neuer Windräder verzögerten sich und Vestas musste Strafen zahlen. Dennoch weigerte sich Vestas hartnäckig, mit der gewählten IG Metall-Tarifkommission zu verhandeln.

Dabei findet Vestas kaum noch Fachkräfte und Auszubildende. Und von denen, die doch kommen, gehen viele wieder, berichten die Beschäftigten. Weil die Arbeit zu hart ist für das Geld, hoch oben, bei Wind und Wetter. Oft gibt es keine Möglichkeit, sich umzuziehen und sich zu waschen – und nicht einmal ein Klo.

Vor zehn Jahren waren die Gehälter bei Vestas noch vergleichsweise gut. Doch seither hat sich wenig beim Entgelt getan. Zudem spart Vestas an allen Ecken. Immer öfter werden Beschäftigte in andere Regionen entsandt, um Löcher zu stopfen, weil das Personal fehlt.
 

Wind mit Tarif geht doch: Ørsted verhandelt

Andere Windkraft-Unternehmen haben längst begriffen, woher der Wind weht. Der dänische Offshore-Windparkbetreiber Ørsted hat bereits Ende Januar Tarifverhandlungen mit der IG Metall aufgenommen Auch hier haben Beschäftigte und IG Metall mit Aktionen Druck gemacht und am 1. November der Geschäftsführung in Norddeich/Ostfriesland ihre Forderungen übergeben. Sie wollen bessere Arbeitsbedingungen, vor allem für die Beschäftigten auf Offshore-Windrädern, die auf Arbeitsschiffen arbeiten, leben und schlafen. 

Ørsted betreibt vier Offshore-Windparks in Deutschland und will dieses Jahr zwei weitere bauen. Die ersten beiden Verhandlungsrunden verliefen konstruktiv, erklärt Henrik Köller von der IG Metall Emden. „Beide Seiten sind sich einig, dass ein Tarifvertrag Ørsted in die Zukunft hilft. Es wird einen Tarifvertrag geben.“

Jetzt endlich hat auch das Vestas-Management eingelenkt. Die Gespräche mit der IG Metall starten am Montag in Hamburg.
 

Jetzt spenden für die streikenden Vestas-Beschäftigten

Ihr könnt den Vestas-Beschäftigten helfen, die trotz Streikunterstützung durch die IG Metall erhebliche Belastungen zu schultern haben. Spendet jetzt:

IG Metall
DE 23 5005 0000 0000 0010 40
Solidaritäts-Konto Vestas

Bei der Vestas Deutschland GmbH sind rund 1700 Mitarbeiter beschäftigt. Ein erheblicher Teil von ihnen ist bundesweit im Service und der Wartung von Windenergieanlagen tätig.

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen