Tarifrunde Leiharbeit 2023 – Teil 3
IG Metall fordert Inflationsprämie auch für Leiharbeiter

Auch Leihbeschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie sollen 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie bekommen, wie die Stammbeschäftigten. Mit dieser Forderung geht die IG Metall jetzt in Verhandlungen mit den Leiharbeitgebern. Beim VW-Personaldienstleister Autovision laufen bereits Warnstreiks.

22. März 202322. 3. 2023 |
Aktualisiert am 28. März 202328. 3. 2023


„Das ist doch ungerecht hoch drei: Du stehst finanziell sowieso schlechter da, hast weniger Urlaubs- und Weihnachtsgeld, keine Erfolgsbeteiligung – und keinerlei Absicherung. Und dann guckst Du auch noch bei der Inflationsausgleichsprämie in Röhre“, ärgert sich Alfred K., der als Leiharbeiter von Randstad bei einem Landmaschinenhersteller eingesetzt ist. „Dabei machen wir als Leiharbeiter die gleiche Arbeit – und haben die gleichen Kosten. Da bist du doch sprachlos.“

Alfreds fest beschäftigte Kolleginnen und Kollegen bekommen 2023 und 2024 eine Inflationsausgleichsprämie (IAP) von 3000 Euro netto in zwei Tranchen. Das hat die IG Metall im Tarifabschluss für die Metall- und Elektroindustrie durchgesetzt, neben dauerhaften Prozenterhöhungen. Auch in vielen weiteren Branchen haben die Gewerkschaften Inflationsausgleichsprämien durchgesetzt.
 

Leiharbeitgeber verweigern Inflationsausgleichsprämie

Nur in der Leiharbeit verweigern die Arbeitgeber ihren Beschäftigten bislang eine IAP.

Die Tarifverhandlungen der DGB-Gewerkschaften mit den Leiharbeitgeberverbänden BAP und IGZ im Januar brachten zwar deutliche Entgelterhöhungen für Leihbeschäftigte – ab April gibt es mindestens 13 Euro in der Stunde. Aber: keine IAP als Ausgleich für die massiv gestiegenen Preise.

Das verstehen die Leihbeschäftigten einfach nicht.

„Letzten Samstag auf unserer Betriebsversammlung haben uns wieder viele auf die Inflationsausgleichsprämie angesprochen“, berichtet Frank Schilling, IG Metall-Betriebsrat beim Verleiher Randstad Süd. „Ausgerechnet die Leihbeschäftigten, die sowieso schon wenig verdienen, sollen nichts bekommen. Wir waren ja auch in Berlin und haben vor der Tarifverhandlung demonstriert. Aber die Leiharbeitgeber wollen einfach nichts zahlen.“
 

IG Metall startet Verhandlungen für die Metallindustrie

Immerhin: In den gemeinsamen Verhandlungen mit den Leiharbeitsverbänden BAP und IGZ konnten die DGB-Gewerkschaften erreichen, dass die Gewerkschaften nun einzeln für ihre Branchen verhandeln können.

Und die IG Metall geht die Inflationsausgleichsprämie für Leihbeschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie an. Am 8. März hat die Tarifkommission der IG Metall für die Leiharbeit die Kündigung ihrer speziellen Tarifverträge über Branchenzuschläge in der Metallindustrie beschlossen und als Forderung an die Leiharbeitgeber eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro aufgestellt.

Der Vorstand der IG Metall hat die Forderung am Montag endgültig verabschiedet. Die Verhandlungen mit den Arbeitgeberverbänden sollen in den nächsten Wochen starten.

„Es wird nicht einfach werden, die IAP durchzusetzen“, sagt Juan-Carlos Rio Antas, der Verhandlungsführer für die IG Metall. „Der Widerstand der Leiharbeitgeber ist groß, und auch die Metall-Arbeitgeber blocken. Wir werden also kämpfen müssen – und genau das bereiten wir jetzt vor.“
 

Gemeinsam und solidarisch

„Wir brauchen auch die Hilfe der Stammbelegschaften“, bekräftigt Maike Erdmann, Betriebsrätin bei Adecco Ost und Mitglied der IG Metall-Tarifkommission für die Leiharbeit. „Aber wir haben dort bei den Kundenbetrieben Vertrauensleute und Betriebsräte, auf die wir uns verlassen können, die uns immer unterstützen, für unser Ziel: gleiche Arbeit – gleiches Geld.“

„Die Kolleginnen und Kollegen in der Leiharbeit wären für mich die ersten, die eine Inflationsausgleichsprämie verdienen“, betont Torsten Rhau, Betriebsrat bei dem sozial orientierten Zeitarbeitsunternehmen Start NRW aus Duisburg, der auch Mitglied der IG Metall-Tarifkommission ist. „Sie haben nicht nur  im Durchschnitt die niedrigeren Einkommen, sondern werden auch sonst immer wieder benachteiligt: Sie bekommen meist den schwierigeren, dreckigeren Arbeitsplatz und stehen oft hintenan, etwa auch bei der Urlaubsplanung, selbst wenn sie Kinder haben. Daher ist es nun an der Zeit, dass auch die Stammbeschäftigten klar Position für die Leihbeschäftigten beziehen: Sind das Eure Kolleginnen und Kollegen - oder nicht?“

Auch Randstad-Betriebsrat Frank Schilling zählt auf Unterstützung von den Stammbeschäftigten. Kürzlich war er gerade bei MTU/Rolls Royce in Friedrichshafen. „Selbst die Stammbelegschaft sagt: Warum gibt’s die 3000 Euro für die Leihbeschäftigten nicht? Die stehen mit uns am Band und haben die selben Kosten.“

Leiharbeiter Alfred K. würde sich wünschen, dass die Stammbeschäftigten für sie eintreten. Seit 2016 ist er als Leiharbeiter bei seinem jetzigen Kundenbetrieb eingesetzt, mit drei Monaten Unterbrechung, in denen er wegen Erreichen der Höchstüberlassungsdauer woanders geparkt wurde.

„Wir gehen ja auch mit raus beim Warnstreik“, betont der gelernte Industriekaufmann. „Jetzt erwarten wir auch mal Unterstützung durch die Stammbeschäftigten.“
 

Warnstreiks bei der Autovision

Beim VW-Personaldienstleister Autovision gelten eigene Tarifverträge für Leihbeschäftigte. Auch dort fordert die IG Metall eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro – neben prozentualen Erhöhungen der Stundenentgelte auf das Niveau der BAP und IGZ-Tarife sowie einen Vorteil für Mitglieder der IG Metall in Form eines Urlaubs- und Weihnachtsgeldes von zusammen 900 bis zu 1800 Euro jährlich. Die Verhandlungen laufen bereits seit Mitte Februar.

Doch die Die Arbeitgeberseite bei Autovision weigerte sich auch in der dritten Verhandlungsrunde, den Zeitarbeitnehmern eine angemessene Entlohnung zu gewährleisten, insbesondere in Bezug auf den Inflationsausgleich sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld gibt es kaum Bewegung. Seit Montag ruft die IG Metall zu Warnstreiks auf, um den Druck auf die Verhandlungen zu erhöhen. Die Warnstreiks starteten in Emden, Hannover und Osnabrück.

Die Arbeitgeberseite bot nur einen Inflationsausgleich von 1200 Euro an, der in zwei Teilbeträgen ausgezahlt werden sollte. „Dieses Angebot haben wir zurückgewiesen“, erklärt Thilo Reusch, Verhandlungsführer der IG Metall. „Autovision will gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen und eine Schlechterstellung von Zeitarbeitnehmenden im Vergleich zu den Beschäftigten des entleihenden Unternehmens forcieren. Das wird es mit uns nicht geben!“

Weitere Nachrichten und Hintergründe zur Autovision bei der IG Metall Niedersachsen-Sachsen-Anhalt.

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