Tarifrunde Metall und Elektro 2024
Verhandlungsergebnis: Mehr Geld, 140 Euro mehr für Azubis, mehr freie Tage

600 Euro Einmalzahlung. 140 Euro mehr im Monat für Auszubildende ab Januar 2025. 2 Prozent mehr Geld ab April 2025, weitere 3,1 Prozent mehr ab April 2026. Der T-ZUG B steigt 2026 auf 26,5 Prozent. Und es gibt deutlich mehr freie T-ZUG-Tage, endlich auch für Teilzeitbeschäftigte.

12. November 202412. 11. 2024 |
Aktualisiert am 22. November 202422. 11. 2024


Die IG Metall hat ein Pilot-Verhandlungsergebnis für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie erzielt: Nach einer Einmalzahlung von 600 Euro bis zum 1. Februar 2025 steigen die Monatsentgelte ab April 2025 um 2,0 Prozent sowie um weitere 3,1 Prozent ab 1. April 2026.

Darüber hinaus setzte die IG Metall mit der Erhöhung des jährlichen „Tariflichen Zusatzgeldes“ (T-ZUG B) von derzeit 18,5 Prozent des Eckentgelts des jeweiligen Tarifgebiets um 8 Prozentpunkte auf 26,5 Prozent ab Februar 2026 eine „soziale Komponente“ durch: Hiervon profitieren Beschäftigte in unteren Entgeltgruppen stärker. „Damit schaffen wir Sicherheit für die Beschäftigten“, erklärt Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall. „Es ist gelungen, trotz schwieriger Rahmenbedingungen ein solides Ergebnis für die Beschäftigten zu erzielen. Besonders freut uns das großartige Ergebnis für die Auszubildenden.“
 

140 Euro mehr für Auszubildende ab Januar, weitere 3,1 Prozent ab April 2026

Für die 230.000 Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie setzte die IG Metall eine Erhöhung der Vergütungen um 140 Euro ab dem 1. Januar 2025 durch. Zudem verständigten sich die Sozialpartner in einer gemeinsamen Erklärung darauf, Demokratie bei jungen Menschen zu fördern.
 

Grafik zu den tariflichen Leistungen in der Metall- und Elektroindustrie 2025 / 2026


„Das Tarifergebnis sichert die Löhne, hilft der Binnenkonjunktur und hält die Branche für heutige und künftige Fachkräfte attraktiv“, erklärt Nadine Boguslawski, Tarif-Vorständin der IG Metall. „Die Tarifeinigung ist passgenau. Tarifbindung sichert die Zukunft von Unternehmen und Beschäftigten.“

Zudem erreichte die IG Metall mehr freie Tage für mehr Beschäftigte bei der Wahloption zwischen Zeit und Geld beim tariflichen Zusatzgeld (T-ZUG).  

Der Tarifeinigung ging eine große Warnstreik-Welle voraus. Seit 29. Oktober mobilisierte die IG Metall insgesamt über 620.000 Warnstreikende zeitweise vor die Werkstore. Boguslawski: „Das entschlossene Engagement der Beschäftigten mit der IG Metall hat die Tarifeinigung erst möglich gemacht.“

Übernahme in anderen Tarifgebieten

Der von den IG Metall-Bezirken Bayern und Küste ausgehandelte Tarifvertrag über Entgelte läuft bis zum 31. Oktober 2026. Der Vorstand der IG Metall empfiehlt die Übernahme des Pilotverhandlungsergebnisses in allen Tarifgebieten durch die demokratischen Gremien in den Bezirken der IG Metall. Die Übernahmeverhandlungen laufen.

Bislang haben nach Abstimmung der Tarifkommissionen folgende Tarifgebiete das Verhandlungsergebnis aus Bayern und Küste übernommen (Stand 22. November, 18:00Uhr):

In den übrigen Tarifgebieten stehen noch Übernahmeverhandlungen aus:

  • Montag 25.11.: Osnabrück-Emsland-Grafschaft-Bentheim

 

Kaufkraft in schwieriger Lage gestärkt – Tarifparteien übernehmen Verwantwortung

„In der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage ist uns ein Abschluss gelungen, mit dem wir die Kaufkraft der Beschäftigten stärken“, sagt Daniel Friedrich, Verhandlungsführer und Bezirksleiter der IG Metall Küste. „Wir als Tarifparteien übernehmen damit Verantwortung und geben den Beschäftigten und auch den Betrieben Stabilität in unsicheren Zeiten.“

Der bayerische IG Metall-Verhandlungsführer und Bezirksleiter Horst Ott betont: „Mit Geduld und Hartnäckigkeit haben wir Lösungen und Kompromisse gefunden. Dieses Signal senden wir an alle Akteure im Land, die zuletzt daran gescheitert sind. Dabei hat die IG Metall zu allen ihren Themen in dieser Tarifrunde gute Ergebnisse erreicht.“

Auch die IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner die Leistungsfähigkeit der Tarifpartnerschaft: „Die Sozialpartnerschaft ist der wichtigste Stabilitätsfaktor für Betriebe und Beschäftigte in unsicheren Zeiten. Wir finden gemeinsame Lösungen.“

Die Politik forderte Benner auf, Handlungsfähigkeit zu beweisen und keine Zeit zu verlieren: „Tarifpolitik kann viel, das haben wir gezeigt. Die strukturellen Probleme, vor denen wir aktuell stehen, muss die Politik lösen. Wir brau-chen jetzt niedrigere Energiepreise, besonders für energieintensive Unternehmen. Wir brauchen jetzt Maßnahmen zum Hochlauf der Elektromobilität, Investitionen in die Infrastruktur und damit in unsere Zukunft.“

In einer gemeinsamen Erklärung fordern IG Metall und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall von der Politik, schnellstmöglich die richtigen Weichen zu stellen. Die strukturellen Probleme erhöhten die Herausforderung, Standorte und Arbeitsplätze zu sichern sowie neue Beschäftigungsperspektiven im Betrieb, der Branche und in der Region zu entwickeln (siehe unten).
 

T-ZUG: mehr freie Tage – auch für Teilzeitbeschäftigte

Bei den Tarifverhandlungen erreichte die IG Metall auch eine Verbesserung der tariflichen Freistellungszeit. Bei der Wahloption beim tariflichen Zusatzgeld (T-ZUG) haben belastete Beschäftigte häufiger die Möglichkeit, Geld in Zeit zu wandeln.

Und künftig können auch endlich auch Teilzeit-Beschäftigte zusätzliche freie Tage beantragen.

Das gilt ab 2025 bei der T-ZUG-Wahloption auf freie Tage

Seit 2018 können Beschäftigte mit Kindern, zu pflegenden Angehörigen oder in Schichtarbeit zwischen tariflichem Zusatzgeld (T-ZUG A) und bis zu 8 zusätzlichen freien Tagen im Jahr wählen. Das Pilot-Verhandlungsergebnis der IG Metall-Bezirke Bayern und Küste sieht nun eine deutliche Verbesserung vor.

Kinder: Bislang konnten Eltern von Kindern unter 8 Jahren freie Tage wählen. Künftig ist das bei Kindern unter 12 Jahren möglich. Zudem gibt es auch deutlich mehr freie Tage: Bislang konnten Eltern nur zwei Mal je Kind die freien Tage wählen. Künftig sind zwei Mal 8 Tage plus drei Mal 6 Tage möglich – also insgesamt fünf Jahre mit zusätzlichen freien Tagen.

Pflege: Auch Beschäftigte, die Angehörige pflegen, können nun fünf Jahre mehr Zeit wählen – zwei Mal 8 Tage plus drei Mal 6 Tage.

Schichtarbeit: Auch Beschäftigte in Wechselschicht können nun - ebenso wie bereits Beschäftigte in 3-Schicht und Nachtschicht – schon nach 5 Jahren Betriebszugehörigkeit und 3 Jahren in Schichtarbeit 8 freie Tage im Jahr wählen – ohne Begrenzung.

Und ganz neu: Bislang konnten nur Beschäftigte in Vollzeit die tarifliche Freistellungszeit in Anspruch nehmen - für Beschäftigte in Teilzeit eine Ungerechtigkeit. Doch künftig können auch Beschäftigte in Teilzeit die freien Tage wählen. Die Frist zur Beantragung der freien T-ZUG-Tage für 2025 wurde für sie verlängert, bis 31. Januar 2025.
 

Betriebsrat und Arbeitgeber können eine Reihe von Themen auf ihren Betrieb anpassen. Wenn etwa zu viele Anträge auf freie Tage gestellt werden, die im Betrieb nicht kompensiert werden können, kann etwa auch eine Aufteilung der freien Tage im Betrieb vereinbart werden, zum Beispiel vier Tage für alle Antragsteller. Zudem können Arbeitgeber und Betriebsrat auch vereinbaren, dass alle im Betrieb freie Tage nehmen, und so Arbeitsplätze sichern.
 

T-ZUG B steigt ab 2026 auf 26,5 Prozent des Eckentgelts

Ab 2026 steigt das tarifliche Zusatzgeld B (T-ZUG B oder Zusatzbetrag) von 18,5 Prozent des Eckentgelts des jeweiligen Tarifgebiets – in den Tarifgebieten Küste und Bayern aktuell rund 630 Euro – auf pauschal 26,5 Prozent des Eckentgelts, rund 900 Euro (in den anderen Tarifgebieten etwas mehr oder weniger). Dadurch erhalten die unteren Entgeltgruppen bezogen auf ihr individuelles Monatsentgelt prozentual deutlich mehr als die oberen Entgeltgruppen.

Damit hat die IG Metall ihr Ziel einer „sozialen Komponente“, die besonders den Beschäftigten mit niedrigeren Einkommen zugutekommt, erreicht.

Allerdings wird das T-ZUG B nicht mehr wie bisher im Juli mit dem T-ZUG A ausbezahlt, sondern im Februar – im Tausch mit dem Transformationsgeld (T-Geld), das nun im Juli ausbezahlt wird.  

Der Grund hierfür ist, dass künftig das T-Geld und nicht mehr das T-ZUG B „differenziert“ werden kann.
 

„Differenzierung“ bleibt – T-ZUG B wird erhalten 

Betriebe in Schwierigkeiten konnten bereits 2023 und 2024 das T-ZUG B „differenzieren“ – das bedeutet verschieben oder ganz aussetzen, wenn ihre Nettorendite unter 2,3 Prozent sinkt.  

Die Differenzierung ist auch 2025 und 2026 weiterhin möglich. Allerdings wird nicht mehr das T-ZUG B differenziert, sondern das bislang im Februar ausgezahlte Transformationsgeld (T-Geld) in Höhe von 18,4 Prozent des individuellen Monatsentgelts. 

Dadurch bleibt das T-ZUG B – das 2026 von 18,5 Prozent auf 26,5 Prozent des Eckentgelts steigt - als „soziale Komponente“ für die Beschäftigten in den unteren Entgeltgruppen erhalten.  

Da Betriebe jedoch bei der Auszahlung des T-Gelds im Februar noch nicht hinreichend absehen können, wie sich die wirtschaftliche Lage im Laufe des Jahres entwickelt, haben IG Metall und Arbeitgeber die Auszahlung des T-Gelds auf den Juli verschoben – im Tausch mit dem bislang im Juli ausgezahlten T-ZUG B, das nun künftig im Februar ausgezahlt wird.  

Achtung: Dieses Verhandlungsergebnis gilt bislang nur für die Tarifgebiete Bayern und Küste. In den anderen Tarifgebieten muss darüber noch verhandelt werden. Der Vorstand der IG Metall hat das Verhandlungsergebnis zur Übernahme empfohlen.

Unser Industrieland erhalten - auch die Politik ist gefordert 

Ja, die Wirtschaftslage ist nicht gut. Aber die Arbeitskosten – im Schnitt 16,1 Prozent vom Umsatz – sind nicht daran schuld. Die vielen strukturellen Probleme, vor denen die Betriebe stehen, lassen sich nicht allein durch Tarifpolitik lösen. Für die IG Metall ist daher klar: Auch die Politik ist gefordert Lösungen zu finden, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.  

Daher hat die IG Metall einen Elf-Punkte-Plan zum Erhalt des Industrielands Deutschland entwickelt: Der Staat muss in Innova­tionen und Infrastruktur investieren, in Energie, in die Transformation, in gute Arbeit, Bildung und den Sozialstaat. Die Schuldenbremse darf nicht weiter Investitionen bremsen. 

Um unser Industrieland zu erhalten, müssen sich aber auch die Arbeitgeber zum Industriestandort bekennen und investieren, statt Stellen abzubauen, zu verlagern und die Beschäftigten zu verunsichern. 

Unseren 11-Punkte-Plan zum Erhalt unseres Industrielands findet Ihr hier: 11-Punkte-Plan der IG Metall

Bei den Tarifverhandlungen haben IG Metall und Arbeitgeber nun auch eine gemeinsame Sozialpartnererklärung für den Industriestandort an die Politik verabschiedet.

Zur Lösung der strukturellen Standortthemen erwarten die Tarifvertragsparteien von der Politik schnellstmöglich, die richtigen Weichen zu stellen, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im internationalen Vergleich zu verbessern. Dies bedeutet insbesondere:

  • Schaffung von Stromkosten auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau. Dazu gehört auch die die Einführung eines Brückenstrompreises für Unternehmen mit hohem Energieverbrauch, die im internationalen Wettbewerb stehen – unabhängig von ihrer Größe. Bei den Netzentgelten ist für alle Unternehmen dringend eine Entlastung geboten, ebenso wie bei der Stromsteuer.
  • Ein beschleunigter Ausbau aller erneuerbaren Energieträger, Übertragungs- und Verteilnetz sowie Speichern und Back-up-Kraftwerken.
  • Sicherstellung von notwendigen staatlichen Investitionen in eine zukunftsfähige Infrastruktur (Verkehr, digitale Netze, Energie etc.) und Innovationen (Forschungsförderung, Start-ups, Transfer) und Transformation und verstärkte Anreize für private Investitionen
  • Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren
  • Verstärkte Anstrengungen zum Hochlauf der E-Mobilität – unter anderem über den zügigen Aufbau einer europaweiten Ladeinfrastruktur und die Gewährleistung bezahlbaren Ladestroms Sowohl die konjunkturelle Lage als auch die strukturellen Probleme erhöhen die Herausforderung, Standorte und Arbeitsplätze zu sichern sowie neue Beschäftigungsperspektiven im eigenen Betrieb, der Branche und in der Region zu entwickeln. Soweit möglich und sinnvoll werden vor Ort arbeitsmarkt- und bildungspolitische Initiativen unterstützt und bei Bedarf ggf. tarifpolitisch begleitet.
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