Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen
Maulkorb für Beschäftigte?

Wer bestimmt, welche Informationen im Betrieb geheim bleiben müssen? Der Bundestag will Geschäftsgeheimnisse besser schützen. Doch das geplante Gesetz könnte für Beschäftigte und Betriebsräte fatale Folgen haben.

14. Januar 201914. 1. 2019


Wenn ein Unternehmen Arbeitsplätze streichen will, dann ist das für die Belegschaft eine ziemlich wichtige Information. Und wenn ein Betriebsrat von den Abbauplänen erfährt, sollte er die Beschäftigten darüber unterrichten können, genauso wie über mögliche Reaktionen.


Klingt selbstverständlich? Könnte es aber bald nicht mehr sein

Die Bundesregierung arbeitet an einem Gesetz, das Geschäftsgeheimnisse besser schützen soll. Mit dem Gesetz wird eine EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Dass Geschäftsgeheimnisse im Prinzip schützenswert sind, dürfte unstrittig sein. Doch wer bestimmt, was ein Geschäftsgeheimnis ist? Und unter welchen Umständen darf es doch öffentlich gemacht werden?

Der aktuelle Gesetzentwurf beantwortet diese Fragen so: Was Geschäftsgeheimnis ist, definiert der Arbeitgeber. Und Betriebsräte oder Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten erhalten solche Informationen im Zweifel nur, wenn sie vorher eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. Verstoßen sie dagegen, sind sie haftbar.


Betriebsrat in der Klemme

Wozu das neue Gesetz führen könnte, zeigt der Fall Gerry Weber. Bei dem Modehersteller bangen mehrere hundert Beschäftigte um ihre Arbeitsplätze. Gleichzeitig legt die Unternehmensleitung dem Betriebsrat umfangreiche Verschwiegenheitserklärungen zur Unterschrift vor. Informationen zur Zukunft des Unternehmens sollen geheim bleiben.

Nach derzeitiger Gesetzeslage kann Gerry Weber diese Vertraulichkeit nicht verlangen. Mit dem neuen Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen könnte das möglich sein. Die Betriebsräte könnten die Interessen der Beschäftigten dann nicht mehr effektiv vertreten.


Gesetz entschärfen

IG Metall und DGB fordern deshalb Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf: Das neue Gesetz darf die betriebliche Mitbestimmung und Interessenvertretung der Beschäftigten nicht gefährden. Im Rahmen dieser Arbeit muss es rechtmäßig sein, Geschäftsgeheimnisse offen zu legen. Das Gesetz darf keinen Vorrang haben vor arbeitsrechtlichen Regelungen, die die Nutzung von Geschäftsgeheimnissen durch Beschäftigte und Betriebsräte schützt.

Weitere Forderung der Gewerkschaften: Unternehmen dürfen nicht einfach nach Gutdünken definieren, was ein Geschäftsgeheimnis ist. Um eine Information zu schützen, muss ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse vorliegen.


Whistleblower in Gefahr

Mit ihrer Kritik an dem Gesetzentwurf ist die IG Metall nicht allein. Auch Journalisten fürchten Einschränkungen ihrer Arbeit. Das gilt besonders für investigative Recherchen, die Missstände oder sogar kriminelle Handlungen offenlegen. Solche Recherchen sind oft im öffentlichen Interesse - so wie zuletzt die Aufdeckung des sogenannten Cum-Ex-Skandals, einem der größten Steuerbetrugsfälle in der Geschichte der Bundesrepublik.

Trotzdem müssen Journalisten und Informanten womöglich Klagen und Verurteilung fürchten, wenn sie solche Machenschaften enthüllen.

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