Der Rechtsfall
Leiharbeiter klagt Lohn für einsatzfreie Zeiten ein

René Schindlers Leihfirma hatte wochenlang keine Arbeit mehr für ihn. Die einsatzfreie Zeit zog sie einfach von seinem Zeitkonto ab. Doch er wehrte sich erfolgreich ― und hat nun einen Rat für andere Leiharbeiter.

27. Februar 201727. 2. 2017


Was René Schindler erlebte, erleben Leiharbeiter überall täglich: Die Leihfirma wälzt ihr unternehmerisches Risiko verleihfreier Zeiten auf die Beschäftigten ab, die dann Zeit und Urlaub opfern sollen. Das ließ sich Betriebswirt René Schindler nicht gefallen.

Er ging zur Beratung des DGB-Rechtsschutzes und klagte: Die Leihfirma sollte ihm die abgezogene Zeit in Geld auszahlen. Dabei waren Schindlers Chancen mäßig. Bei der Verrechnung einsatzfreier Zeiten sind sich die Gerichte nicht einig. Einige entscheiden für die Leihbeschäftigten, andere geben den Leihfirmen recht.


Arbeitsgericht fordert grundsätzliche Klärung 

Schindler verlor dann auch seinen ersten Prozess beim Arbeitsgericht Frankfurt. Aber er gab nicht auf und ging in die nächste Instanz, zum Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen. Das LAG gab ihm schon mal zu einem Drittel recht. Er bekam rund 500 Euro. Ohne Revision. Doch Metaller Schindler gab sich nicht zufrieden.

Über den DGB Rechtsschutz legte er Beschwerde bei Bundesarbeitsgericht (BAG) ein, bei der höchsten Instanz. Und überraschenderweise ließ das BAG die Revision zu, was es nur in Ausnahmen tut. Doch da beim BAG weitere Verfahren zur Verrechnung einsatzfreier Zeiten in Leiharbeit aufgelaufen waren, wollte das höchste Arbeitsgericht eine grundsätzliche Klärung des Problems herbeiführen.


Arbeitgeber zahlt „freiwillig“ alles

Dieses Grundsatzurteil wollte der Arbeitgeber vermeiden. Er zahlte in letzter Minute freiwillig alle ausstehenden Forderungen Schindlers, um den Prozess beim BAG abzuwenden: die übrigen 740 Euro Lohn plus Zinsen. Und zudem die gesamten Gerichtskosten von mehreren Tausend Euro, die ihm das BAG aufbrummte. „Die Beklagte (die Leihfirma) hat sich durch die vorbehaltlose Zahlung freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben“, heißt es im Beschluss des BAG. „Sie hat damit den Rechtsstandpunkt des Klägers (Schindler) im Ergebnis hingenommen.“

Schindler und der DGB Rechtsschutz gehen daher davon aus, dass sie beim BAG gewonnen hätten und die Anwälte der Leihfirma das genau wussten. Schindler ärgert sich, dass sein Arbeitgeber sich so einfach drücken konnte. Dennoch sieht er sich als Sieger.

„Ich hätte gern ein Grundsatzurteil gehabt, für alle Leiharbeiter. Aber zumindest ist für mich klar: Es lohnt sich für Leiharbeiter, gegen die Verrechnung ihrer einsatzfreien Zeiten zu klagen. Geht zu Eurer Gewerkschaft und wehrt Euch.“
 

BAG vom 7. Dezember 2016 – Aktenzeichen: 5 AZR 854/15

Info: IG Metall-Mitglieder werden vor den Arbeits- und Sozialgerichten bei Bedarf kostenlos von den Juristinnen und Juristen der DGB Rechtsschutz GmbH vertreten. Die erste Anlaufstelle bei Problemen ist immer die IG Metall vor Ort. Weitere Informationen dazu hier.

 

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