Projekt Gaia-X
Europäische Cloud nimmt Gestalt an

Mit dem Projekt Gaia-X soll eine europäische Datencloud aufgebaut werden. Die Cloud soll Datensicherheit und Datenhoheit garantieren und zum Erhalt von Wertschöpfungsketten beitragen. „Der Aufbau solch einer Cloud ist überfällig“, sagt Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall.

15. November 201915. 11. 2019


Der Name klingt ein wenig wolkig-nebulös, der Gedanke, der dahintersteht, ist präzise und klar: Es geht im Kern um Datensicherheit und Datenhoheit. Darum, dass Europa sich mit dem gemeinsamen Vorhaben nun auf den Weg macht, in den kommenden Jahren eine eigene Datencloud aufzubauen. Diese soll sowohl die Sicherheit als auch die Verfügbarkeit von Daten im europäischen Raum gewährleisten und zum Erhalt von Wertschöpfungsketten beitragen. Gleichzeitig will man die Innovationskraft auf dem Gebiet der Cloud-Anwendungen nicht unangefochten Google & Co überlassen – und verhindern, dass diese sich Wissen und Kompetenz europäischer Maschinenbauer und anderer Innovationsführer aneignen.

Gaia-X heißt das von der Bundesregierung koordinierte und von der IG Metall vorangetriebene Projekt. In der griechischen Mythologie steht der Begriff „Gaia“ für die personifizierte Erde und einer der ersten Gottheiten. Ein großer Name. Aber auch ein großer Plan, der sich dahinter verbirgt.

Erste Grundrisse sind bereits bekannt: Mit dem Projekt Gaia-X soll eine „leistungs- und wettbewerbsfähige, sichere und vertrauenswürdige Dateninfrastruktur für Europa“ geschaffen werden, heißt es in einem vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichten Papier. Gelingen soll das, indem etwa die Serverkapazitäten vieler kleiner und großer Unternehmen zu einem „homogenen, nutzerfreundlichen System“ vernetzt werden. Unter dem Begriff „Dateninfrastruktur“ verstehen die Autoren, „eine vernetzte technische Infrastruktur …, die den Zugang zu Daten sowie deren Speicherung, Austausch und Nutzung gemäß vordefinierten Regeln ermöglicht.“ Daten sollen, so wird ausgeführt, „sicher und vertrauensvoll“ verfügbar gemacht werden. Sie sollen zusammengeführt und geteilt werden können.


Überfälliger Schritt

Für Jörg Hofmann, der das Projekt mit initiiert hat, ist der Aufbau einer europäischen Datencloud überfällig: „Verfügbarkeit und Sicherheit von Daten sowie Souveränität im Umgang mit diesen Informationen sind wichtig für Beschäftigte und für Unternehmen“, so der Erste Vorsitzende der IG Metall. „Für viele kleinere und mittlere Betriebe ist die Cloud eine Voraussetzung, um Innovationen voranzutreiben, digitale Geschäftsmodelle auf den Weg zu bringen und Wertschöpfungsketten geschlossen zu halten.“

Der Transformationsatlas der IG Metall, für den im Frühjahr Daten in mehr als 2000 Betrieben zur digitalen und ökologischen Transformation erhoben wurden, zeige klar auf, dass digitale Geschäftsmodelle für viele kleine und mittlere Betriebe noch weitgehend Neuland seien. „Die Cloud ist aber auch wichtig für Arbeitnehmer“, so Jörg Hofmann weiter. „Beschäftigtendatenschutz ist ohne Datensouveränität und ohne Datensicherheit nicht denkbar.“

Einsatzgebiete für eine einheitliche, europäische Cloud gibt es viele – auch und gerade in der Industrie, die mit fortschreitender Digitalisierung gezwungen ist, über neue Produkte und neue Dienstleistungen, über völlig neue Geschäftsmodelle nachzudenken. Ein Beispiel, das die Autorinnen und Autoren im veröffentlichten Projekt-Papier beschreiben: Ein Komponenten-Hersteller möchte Zugang zu Betriebsdaten seines Produkts erhalten, das in einer Maschine verbaut ist. Durch die permanente Erfassung des Maschinenzustands ist es dem Komponentenhersteller möglich, die Sicherheit und Effizienz sowohl seiner Komponente als auch der gesamten Anlage zu optimieren. Die Maschine, in der die Komponente verbaut ist, wird wiederum bei einem dritten Unternehmen betrieben.

Hier stellen sich grundlegende Fragen: Wem gehören die Daten des Komponentenherstellers? Wer darf darauf zugreifen und zu welchem Zweck? Und: Stehen die Daten in einem standardisierten Format zur Verfügung? Zwar können diese Fragen gegenwärtig bilateral gelöst werden. Allerdings: „Damit der Komponentenhersteller, die Maschinenbauer und die Betreiber … zusammenarbeiten können, brauchen sie eine vertrauenswürdige Infrastruktur für den Datenaustausch und gemeinsame Regeln der unternehmensübergreifenden Authentifizierung und Zugriffssteuerung.“ Das soll nun mit der Cloud geleistet werden können, möglich werden.

An der Entwicklung der Cloud sind deutsche Großunternehmen wie Siemens, Bosch und SAP beteiligt. Hinzu kommen weitere europäische Partner. Auch soll das Projekt von Anfang an offen sein für nationale und europäische Initiativen mit ähnlicher Zielrichtung. Dazu, schreiben die Initiatoren, stehe die Mitwirkung „auch Marktteilnehmern außerhalb Europas offen, die unsere Ziele der Datensouveränität und Datenverfügbarkeit teilen.“ Für die Umsetzung zuständig soll eine zentrale, europäisch getragene Organisation sein. Sie soll aus wirtschaftlicher, organisatorischer und technischer Sicht die Basis für eine vernetzte Dateninfrastruktur sein. Ihre Aufgabe soll es sein, „eine Referenzarchitektur zu entwickeln, Standards zu definieren sowie Kriterien für Zertifizierungen und Gütesiegel vorzugeben.“

Zukunft der Arbeit - Digitalisierung

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