Ratgeber Leiharbeit
Leiharbeiter fragen – wir antworten

Leihbeschäftigte werden oft wie Beschäftigte zweiter Klasse behandelt und schlechter bezahlt. Doch sie haben Rechte. Die IG Metall unterstützt Leihbeschäftigte und hat eine Reihe von Verbesserungen durchgesetzt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

29. August 201929. 8. 2019


Leiharbeit ist in den Branchen der IG Metall weit verbreitet. Leihbeschäftigte werden oft wie Beschäftigte zweiter Klasse behandelt. Sie erhalten weniger Geld als die Stammbeschäftigten und können jederzeit abgemeldet werden.

Die IG Metall mit ihren Betriebsräten und Vertrauensleute in Betrieben unterstützt Leihbeschäftigte, macht Druck mit ihrer Kampagne „Gute Arbeit für alle“ und setzt bessere Arbeitsbedingungen durch: regelmäßige Tariferhöhungen, Branchenzuschläge bei Einsatz in den Industriebranchen der IG Metall, mehr Chancen auf Übernahme ― und in vielen Betrieben Vereinbarungen, die etwa gleiche Bezahlung (Equal Pay) ab dem ersten Tag festschreiben.

Außerdem bietet die IG Metall in ihren 150 Geschäftsstellen vor Ort Beratung und Rechtsbeistand für ihre Mitglieder an. Hilfe bekommst Du auch bei Deinem Betriebsrat und beim Betriebsrat Deines Entleihbetriebs, der laut Gesetz auch für Dich zuständig ist.

Hier findest Ihr schon einmal Antworten auf häufige Fragen:


Bekomme Ich das Geld, das mir zusteht?

Oft rechnen Leihfirmen nicht korrekt ab. Lass Deine Lohnabrechnung bei der IG Metall gegenchecken. Das ist etwas kompliziert, da die Bezahlung durch das Gesetz, durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und den Arbeitsvertrag geregelt wird.

Leiharbeits-Mindestlohn: In der Leiharbeit gilt ein spezieller gesetzlicher Mindestlohn, die sogenannte Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung. Basis für die Lohnuntergrenze sind die Zeitarbeitstarifverträge, die die DGB-Gewerkschaften mit den Zeitarbeitsverbänden BAP und iGZ aushandeln. Die Lohnuntergrenze, Entgeltstufe 1 des Zeitarbeitstarifs, steigt ab Oktober 2019 auf 9,96 Euro in der Stunde im Westen und 9,66 Euro im Osten.

Zeitarbeitstarif: Der Zeitarbeitstarif des DGB mit BAP und iGZ regelt nicht nur die Lohnuntergrenze, sondern sieht auch mehr Geld für qualifiziertere Arbeit vor. Laut Tarifvertrag müssen Leihbeschäftigte nach ihrer Tätigkeit eingruppiert und bezahlt werden. Beschäftigte, die qualifizierte Facharbeit leisten, sind in Entgeltgruppe 3 einzugruppieren: mindestens 12,19 Euro im Westen und 11,33 Euro im Osten. In der höchsten Tarifgruppe sind 22,06 Euro im Westen und 20,53 Euro im Osten zu zahlen.

Oft jedoch halten sich Leihfirmen nicht an den Tarifvertrag ― und bezahlen auch Fachkräfte nur nach Entgeltgruppe 1. IG Metall-Mitglieder bekommen Hilfe von ihrer IG Metall-Geschäftsstelle vor Ort.

Tarifliche Branchenzuschläge: In den Industriebranchen der IG Metall ― in der Metall- und Elektroindustrie, in der Holz- und Kunststoffindustrie und in der Textil- und Bekleidungsindustrie ― hat die IG Metall noch einmal zusätzlich Geld für Leihbeschäftigte durchgesetzt: in Form tariflicher Branchenzuschläge, die auf den Zeitarbeitstarif obendrauf kommen. Bereits nach sechs Wochen Einsatz gibt es mehr Geld ― in der Metallindustrie plus 15 Prozent. Das macht dann etwa in Entgeltgruppe 1 im Westen mindestens 11,45 Euro statt 9,96 Euro in der Stunde.

Mit Dauer des Einsatzes wachsen die Branchenzuschläge weiter an. Nach 15 Monaten ist dann die gleiche Bezahlung wie für Stammbeschäftigte erreicht, in der Metallindustrie etwa entspricht das einem Branchenzuschlag von 65 Prozent.

Die Branchenzuschläge gelten übrigens auch in Einsatzbetrieben, die nicht an Tarifverträge gebunden sind. Durch die Branchenzuschläge der IG Metall haben Leiharbeiter deutlich mehr Geld ― in der Metallindustrie bedeutet das in den ersten neun Monaten je nach Entgeltgruppe ein Plus von 3000 bis 7000 Euro.

Betriebsvereinbarungen: In vielen Betrieben haben IG Metall-Betriebsräte sogenannte Besservereinbarungen für Leihbeschäftigte abgeschlossen, die beispielsweise die gleiche Bezahlung wie Stammbeschäftigte ab dem ersten Tag festschreiben. Frag Deinen Betriebsrat in Deinem Entleihbetrieb.

Wann werde ich in meinem Einsatzbetrieb übernommen?

Zunächst gibt es keinen Rechtsanspruch auf Übernahme. In Deutschland gilt „unternehmerische Freiheit“. Das heißt, in erster Linie entscheidet der Arbeitgeber, ob und wen er einstellt. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (Gesetz zur Leiharbeit, AÜG) schreibt zwar vor, dass Leiharbeiter höchstens 18 Monate im gleichen Betrieb eingesetzt werden dürfen ― das bedeutet jedoch keineswegs, dass Du auch übernommen wirst. Dein Kundenbetrieb kann Dich vorher abmelden und Dich gegen einen anderen Leiharbeiter austauschen. Nach drei Monaten Pause kann Dich die Leihfirma dann wieder an den selben Betrieb verleihen ― und Du fängst dort wieder bei Null an.

Die IG Metall hat jedoch Tarifverträge durchgesetzt, die Deine Chancen auf Übernahme erhöhen und Dir zumindest mehr Geld sichern. In tarifgebundenen Betrieben der Metallindustrie gilt, dass dauerhafte Arbeitsplätze nicht mit Leiharbeitern besetzt werden dürfen. Also kein endloser Austausch von Leiharbeitern. Betriebsräte können aushandeln, dass die Einsatzdauer auf bis zu 48 Monate verlängert wird. Klingt oberflächlich betrachtet erst mal schlechter. Ist es aber nicht: Im Gegenzug handeln Betriebsräte dadurch bessere Bedingungen aus, etwa gleiches Geld ab dem ersten Tag oder verbindliche Übernahmen. Mit zunehmender Einsatzdauer steigt auch Deine Chance auf Übernahme, weil Du dann besser eingearbeitet bist. Zudem dauern viele Projekte und Produktzyklen eben länger als 18 Monate. Zudem ist es Dir wohl lieber, Du bleibst bis zu 48 Monate in einem Top-Einsatzbetrieb mit gutem Geld, als nach 18 Monaten von Deiner Leihfirma in eine Bude zu 9,96 Euro in der Stunde geschickt zu werden.


Werden Dir Zeiten ohne Einsatz abgezogen?

Deine Leihfirma hat gerade keinen Einsatz für Dich ― und zieht Dir dafür Urlaub oder Stunden von Deinem Arbeitszeitkonto ab? Oder bist Du zwar im Einsatz, doch Dein Einsatzbetrieb hat zu wenig Arbeit für Dich und schickt Dich nach Hause ― was Dir dann vom Zeitkonto abgerechnet wird? So einfach geht das nicht. Als IG Metall-Mitglied hilft Dir Deine IG Metall-Geschäftsstelle vor Ort weiter.


Worauf muss ich in meinem Arbeitsvertrag achten?

Unterzeichne Deinen Arbeitsvertrag auf keinen Fall spontan vor Ort. Nimm Dir Zeit für eine sorgfältige Prüfung, insbesondere der Zusatzvereinbarungen, die Dir Dein Arbeitgeber anbietet. Manche verstoßen gegen bestehende Gesetze und sind dadurch unwirksam ― andere sind jedoch zulässig. Frag Deine IG Metall vor Ort.


Die Leihfirma bietet mir einen befristeten Arbeitsvertrag an. Ist das zulässig?

Es ist zulässig, Deinen Arbeitsvertrag auf die Dauer von zwei Jahren zu befristen, ohne dass dafür ein besonderer Grund vorliegen muss. Gehst Du ein befristetes Arbeitsverhältnis für einen kürzeren Zeitraum ein, kann es ebenfalls ohne einen Sachgrund dreimal bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren verlängert werden.

Darüber hinaus kann es sein, dass der Arbeitgeber versucht, Dich lediglich für einen bestimmten Einsatz einzustellen. Ob er das darf, ist rechtlich umstritten.


Meine Leihfirma verbietet mir im Arbeitsvertrag, dass mich der Einsatzbetrieb übernimmt.

Alle Vertragsklauseln in Verträgen, die Dich ausschließlich an eine Leiharbeitsfirma binden, sind nicht zulässig und damit unwirksam.

Manchmal ist im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Leihfirma (Verleiher) und Einsatzbetrieb (Kundenbetrieb, Entleiher) die Klausel enthalten, dass die Kundenfirma bei Übernahme von Leihbeschäftigten eine Provision an die Leihfirma zu zahlen hat. Dies könnte die Übernahme erschweren. Du als Leihbeschäftigte oder Leihbeschäftigter darfst dabei aber von keiner Seite zur Kasse gebeten werden.

Wenn Du Mitglied der IG Metall bist oder wirst, kannst Du Dich jederzeit von Deiner IG Metall vor Ort beraten lassen.


Mein Einsatzort liegt weit entfernt. Darf mein Verleiher das?

Ja. Wenn Du nur wohnortnah eingesetzt werden willst, dann sollte das im Arbeitsvertrag vermerkt sein.


Meine Leihfirma will mich auch im Ausland einsetzen. Darf sie das?

Der Auslandseinsatz muss im Arbeitsvertrag vermerkt sein ― sonst muss der Verleiher mit Dir eine Zusatzvereinbarung schließen.


Ich bekomme eine Auslöse für meine Fahrtkosten. Ist das so überhaupt okay?

Die Leiharbeitsfirma ist nach Paragraf 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, Dir die Aufwendungen zu ersetzen, die Dir bei der Arbeit entstehen. In der Leiharbeit ist es üblich, für diese Aufwendungen eine monatliche Pauschale zu zahlen ― unabhängig von den entstandenen Kosten. Diese Pauschale nennt man auch „Auslöse“. Wichtig ist, dass Fahrtkostenersatz und Verpflegungsmehraufwand sauber getrennt aufgeführt werden. Auf Verpflegungsmehraufwand gibt es leider keinen Anspruch. Auf Fahrtkosten oder auf Übernachtungskosten sehr wohl.


Ist eine Pauschale steuerrechtlich problematisch?

Alles in einer Pauschale zu verstecken ist steuerrechtlich ein Problem. Denn Aufwandsersatzentschädigungen sind steuerfrei und der Verpflegungsmehraufwand gilt, zumindest was die Sozialbeiträge betrifft, als Einkommen.


Mein Arbeitgeber bestimmt die Auslöse weitgehend selbst. Ist das erlaubt?

Leider ja. Es gibt keine gesetzliche Regel über die Höhe der Auslöse.

 


Weitere ausführliche Antworten sowie Checklisten findest Du in unserem Ratgeber Leiharbeit.

In einem Video erklären wir, wie die IG Metall Leiharbeit durch ihre Tarifverträge fairer macht.

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