Bericht zur Rente mit 67
Immer länger arbeiten? Die Mehrheit sagt „nein!“

Die Rente mit 67 ist seit langem beschlossen, eine noch höhere Altersgrenze wird diskutiert. Der Blick auf die Lebenswirklichkeit der Beschäftigten zeigt: Die Debatte ist lebensfern – und bedeutet nichts anderes als Rentenkürzungen.

28. November 201828. 11. 2018


Für die Bundesregierung ist die Sache klar: Die Rente mit 67 ist nicht nur „notwendig“, sie ist auch „vertretbar“. So steht es in einem Bericht zur Anhebung des Rentenalters, den das Bundeskabinett jetzt beschlossen hat. Der Bericht erscheint bereits zum dritten Mal. Und jedes Mal fällt das Fazit ähnlich positiv aus.

Im aktuellen Papier wird aufgezählt, dass immer mehr ältere Menschen arbeiten. Bei den 60 bis 64-Jährigen waren es im vergangenen Jahr rund 58 Prozent. Im Jahr 2000 lag die Quote nur bei 20 Prozent. Nach Ansicht der Bundesregierung wird die Arbeitswelt immer altersgerechter. Ein längeres Erwerbsleben sei für die Beschäftigten keine Bedrohung, sondern „eine Chance auf mehr Wohlstand und Teilhabe“.

Also alles gut?


Belastungsgrenze in Sicht

Wer sich im Land umhört, bekommt einen anderen Eindruck. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der IG Metall zeigt: Knapp zwei Drittel der Menschen in Deutschland glauben nicht, das sie ihre derzeitige Tätigkeit bis zum Alter von 67 Jahren ausüben können. Von den befragten Arbeitern sind sogar 72 Prozent dieser Meinung.

Folglich hält es auch kaum jemand für sinnvoll, das Renteneintrittsalter noch weiter anzuheben: Nur jeder Zehnte ist dafür, 87 Prozent der Befragten dagegen. Auch hier ist die Mehrheit bei die den Arbeitern am größten: 95 Prozent von ihnen lehnen eine weitere Anhebung des Rentenalters ab.

Dass die Ablehnung unter Arbeitern am deutlichsten ist, verwundert kaum. Um arbeiten zu können, muss man fit sein. Das betrifft körperlich belastende Berufe besonders.

Wenn Ökonomen auf die steigende Lebenserwartung verweisen, übersehen sie oft: Entscheidend ist die sogenannte „beschwerdefreie Lebenserwartung“. So nennen Bevölkerungsforscher die Zeitspanne ohne körperliche oder geistige Einschränkungen. Die beschwerdefreie Lebenserwartung liegt in Deutschland im Schnitt bei rund 56 Jahren.

Viele Menschen können gar nicht länger arbeiten, auch wenn sie statistisch gesehen älter werden. Schon heute schaffen es viele nicht bis zum regulären Rentenalter. Ein weiter steigendes Rentenalter bedeutet für sie eine Rentenkürzung. Sie müssen vorzeitig in Ruhestand gehen, mit hohen Abschlägen.


Fern der Realität

„Die Rente mit 67 geht an der Wirklichkeit der meisten Menschen vorbei, daran ändert auch eine höhere Erwerbsbeteiligung Älterer nichts“, sagt Hans-Jürgen Urban, der im IG Metall-Vorstand für Sozialpolitik zuständig ist. Der Regierungsbericht zur Rente mit 67 verdecke, dass Ältere deutlich länger arbeitslos blieben als der Durchschnitt der Erwerbslosen. „Wer im Alter seinen Job verliert, hat kaum noch die Chance, eine reguläre Beschäftigung zu bekommen. Dann werden Erwerbsbiografien auf den letzten Metern entwertet, mit dramatischen Folgen auch für die Rente.“

Die Rentenvorschläge der IG Metall orientieren sich an der Lebensrealität der Beschäftigten. Beim Rentenalter heißt das: Die Regelaltersgrenze muss erreichbar sein und es muss Möglichkeiten für abgesicherte, flexible Übergänge in die Rente geben. Bewährt hat sich zum Beispiel die Altersteilzeit, wie sie die IG Metall in vielen Tarifverträgen vereinbart hat.


Für die jüngeren Generationen sollte es ebenfalls möglich sein, nach 45 Beitragsjahren mit 63 ohne Abschläge in Rente zu gehen. Diese Möglichkeit steht derzeit nur wenigen Jahrgängen offen. Und wer es aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum regulären Rentenalter schafft, muss besser gestellt werden, als es im Moment der Fall ist.

Das IG Metall-Rentenkonzept gibt es hier zum Herunterladen.

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