Jörg Hofmann im Interview
Wichtig ist Sicherheit

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, zur Bedeutung der Beschäftigtenbefragung, überraschenden Ergebnissen und den Konsequenzen für die Arbeit der IG Metall.

25. April 201725. 4. 2017


Mehr als 680 000 Menschen haben auf die Fragen der IG Metall geantwortet. Was bedeutet ein solches Stimmungsbild für die IG Metall?

Jörg Hofmann: Es zeigt uns, was die Beschäftigten wollen. Mit diesen Ergebnissen können wir unsere Forderungen im Betrieb und in der Politik schärfen. Wenn die Arbeitgeber behaupten, dass ein Arbeitszeitgesetz mit Höchstgrenzen und festen Ruhephasen nicht mehr zeitgemäß ist, kann ich nur sagen: Das sehen 96 Prozent der Beschäftigten anders. Ihnen ist das Recht auf Abschalten sehr wichtig. Die große Beteiligung zeigt auch, dass die Beschäftigten uns als politisches Gewicht anerkennen. Wer kann von sich schon sagen, dass sich mehr als eine halbe Million Menschen eine halbe Stunde Zeit nehmen, um auf seine Fragen zu antworten. Diese Bereitschaft ging weit über unseren Mitgliederkreis hinaus. Jeder dritte Fragebogen kam von einem Nichtmitglied.

Gibt es Ergebnisse, die Dich überrascht haben?
Am meisten überrascht hat mich, für wie viele Beschäftigte Sicherheit in der digitalen Arbeitswelt heute schon ein wichtiges Thema ist. Eine sichere Rente und Gerechtigkeit in der Finanzierung der Krankenversicherung sind ihnen immer noch sehr wichtig. Die Erwartung, in der vierten industriellen Revolution eine berufliche Perspektive zu haben und nicht unter die Räder zu kommen, spielte bei der letzten Befragung 2013 keine Rolle und hat sich nun weit nach vorn geschoben.

Hat sich noch mehr verschoben?
Es gibt keinen nennenswerten Unterschied mehr zwischen Frauen und Männern bei dem Wunsch, Privatleben und Beruf besser vereinbaren zu können. Arbeitszeiten zu reduzieren und sich das auch finanziell leisten zu können oder mehr Kinderbetreuungsangebote sind beiden, Männern und Frauen, gleich wichtig. Es ist inzwischen gesellschaftlicher Konsens, dass Vereinbarkeit kein Frauenthema ist.

Was stimmt Dich nachdenklich?
Jüngere Menschen schätzen solidarische Regelungen wie etwa eine Steuerpolitik, die umverteilt, weniger als ältere. Beschäftigten mit höheren Einkommen sind sie weniger wichtig als jenen mit einem geringen Einkommen. Individuelle Ansprüche wie das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit oder berufliche Fortbildung sind aber allen wichtig, unabhängig von Alter und Einkommen. Unsere Aufgabe ist es, den Wert solidarischer Lösungen wieder allen deutlich zu machen.

Was geschieht jetzt mit den Ergebnissen?
Im Internet kann sie jeder abrufen. Wir nutzen sie für unsere Arbeit im Betrieb, in der Tarifpolitik und für unsere Forderungen an die Politik. Die Ergebnisse sind eine riesige Bestätigung unserer Forderungen, die wir im vergangenen Jahr auf unserem Sozialstaatskongress entwickelt haben. Gerecht, sicher und selbstbestimmt müssen Arbeits- und Lebensbedingungen sein. Das sagen wir nicht einfach als IG Metall, das fordern die 680 000 Beschäftigten, die uns geantwortet haben. Ich möchte mich bei ihnen bedanken, dass sie sich die Zeit dafür genommen haben, und verspreche, dass wir die Antworten als klaren Handlungsauftrag für die IG Metall verstehen.

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