Aufgaben und Tätigkeiten kompakt
Metall- und Glockengießer/innen der Fachrichtung Kunst- und Glockengusstechnik entwerfen Glocken und Kunstgegenstände und stellen diese her. Wollen sie z.B. eine große Glocke gießen, mauern sie anhand von Schablonen die Form für den Guss aus Lehm, Stein und Sand. In Schmelzöfen schmelzen sie Bronze oder ähnliche Legierungen und lassen schließlich die heißflüssige Masse, die sogenannte Speise, durch selbstgemauerte Kanäle in die Form einlaufen. Sobald das Metall erkaltet ist, schlagen sie die Form ab, stimmen die Glocke und fertigen und montieren den Klöppel. Zum Teil bauen Glockengießer/innen auch die Glockenstühle aus Holz oder feuerverzinktem Eisen und befestigen die Glocken daran. Neben Glocken stellen sie Parkmöbel, Geländerelemente, Statuen und andere Plastiken im Sandguss- oder Wachsschmelzverfahren her. Außerdem renovieren und sanieren sie Glocken oder gegossene Kunstgegenstände.
Aufgaben und Tätigkeiten (Beschreibung)
Worum geht es?
Metall- und Glockengießer/innen der Fachrichtung Kunst- und Glockengusstechnik fertigen Glocken und Kunstgegenstände aus verschiedenen Metallen. Hierfür stellen sie Gussformen her, schmelzen Metall, gießen es in die Formen und bearbeiten die dabei entstandenen Teile nach.
"Fest gemauert in der Erden ...": die Glockenform
Große Glocken für Kirchen werden auch heute noch nach alter Tradition gefertigt. Zunächst zeichnen die Metall- und Glockengießer/innen dabei die Rippe, also das Profil der künftigen Glocke, auf ein Brett. Entlang der inneren Kontur schneiden sie daraus eine Schablone aus. Anhand dieser mauern sie den ersten Teil der Glockenform, den hohlen Kern. Diesen bestreichen sie von Hand mit Lehm, bis er genau der Schablone und damit dem Inneren der geplanten Glocke entspricht. Den Kern beheizen sie von innen, um ihn zu trocknen. Bevor der zweite Formteil an die Reihe kommt, die sogenannte "falsche Glocke", tragen sie auf die Lehmschicht noch eine Trennschicht auf. Hierfür schneiden sie die Schablone bis zum äußeren Profil aus. Dann tragen sie wieder Lehm auf, bis die Kontur der Schablone ausgefüllt ist. Außen bringen sie noch Inschriften und Verzierungen aus Wachs auf. Und erneut verteilen sie schichtweise Lehm, bis ein dicker Mantel entstanden ist. Er muss sehr schwer sein, sonst springt er beim Gießen. Auch den Mantel trocknen sie, indem sie die Form von innen beheizen. Dabei schmelzen auch die Wachselemente. Die Verzierungen aber haben sich in die feuerfeste Schicht negativ eingeprägt. Jetzt ist die Form fertig und kann in die Gussgrube transportiert werden. Dort heben Metall- und Glockengießer/innen den Mantel und schlagen die falsche Glocke ab. Sie füllen den Hohlraum des Kerns mit Erde, damit er beim Gießen nicht eingedrückt wird, und stülpen den Mantel wieder über den Kern. Zwischen ihm und der Kernform besteht jetzt ein Hohlraum, in den sie später das flüssige Metall gießen. Parallel zum Bau der Glockenform gießen sie die sogenannte Krone aus Metall und setzen sie der Glockenform auf. An der Krone kann später die Glocke aufgehängt werden. Nun füllen sie die Gussgrube mit Erde und stampfen diese fest, sonst hebt sich der Mantel, wenn das Metall einfließt. Damit die Bronze in die vorbereiteten Formen fließen kann, bauen sie außerdem Kanäle aus Ziegelsteinen, die vom Schmelzofen zu den Gussöffnungen der Form führen.
Von der Bronze zur Glocke
Schon vor Stunden haben sie den Schmelzofen in Betrieb genommen. Wenn die Bronze geschmolzen ist und die Schmelze die richtige Temperatur erreicht hat, öffnen sie die Kanäle. Nun füllt sich die Form mit der sogenannten Speise. Metall- und Glockengießer/innen arbeiten hier sehr sorgfältig: Das heißflüssige Metall lassen sie weder zu schnell noch zu langsam in die Form fließen, damit beim Erkalten keine Risse oder Sprünge entstehen. An den Schmelzöfen und beim Gießen tragen sie Schutzkleidung, um sich vor der Hitze und vor eventuellen Spritzern zu schützen.
Glocken bleiben mehrere Tage in der Erde, bis sie ausgehärtet sind. Dann graben die Metall- und Glockengießer/innen sie aus und zerschlagen die Formen, schleifen die Glocken ab und verzieren sie ggf. mit künstlerischen Motiven. Schließlich stimmen sie die Glocken, montieren die Klöppel und bauen sie in die Glockenstühle ein, wo sie an Jochen aufgehängt werden. Dabei benötigen sie gute Kenntnisse in Statik, denn Glocken haben ein enormes Gewicht und müssen sicher befestigt werden. Zum Teil bauen sie die Glockenstühle selbst aus Holz oder feuerverzinktem Eisen.
Alles aus einem Guss: Kunstguss
Metall- und Glockengießer/innen der Fachrichtung Kunst- und Glockengusstechnik fertigen neben Glocken auch Kunstgegenstände aus Bronze, Messing und Aluminium an. Sie entwerfen Parkmöbel oder Geländerelemente, Statuen oder Reliefs. Hier ist Kreativität gefragt. Für jedes Stück stellen sie zuerst ein Modell aus Holz, Metall oder Kunststoff her oder lassen es von einem Modellbauer bzw. einer Modellbauerin anfertigen. Mithilfe dieser Modelle bauen sie in ihrer Werkstatt Gussformen. Beim sogenannten Wachsausschmelzverfahren ummanteln sie ein Wachsmodell mit einem anderen Material, z.B. Ton. Wenn sie das Metall eingießen, schmilzt das Wachs und wird aus der Form gedrückt. Beim Sandguss stellen sie zwei Halbformen her. Dabei setzen sie jeweils eine Modellhälfte in einen Formkasten und füllen diesen mit Sand. Der Sand wird verdichtet und ergibt die Form. Sie setzen die beiden Hälften zusammen, dann können sie das Metall eingießen. Zum Teil stellen sie Sandformen für den Metallguss oder Kunststoff-Ausschmelzmodelle für das Feingießen auch mittels 3-D-Druck her. Computergesteuert werden pulverförmige oder flüssige Materialien wie Quarzsand oder Kunststoff schichtweise aufgetragen, dann verklebt oder gehärtet und automatisch zu einem dreidimensionalen Bauteil geformt - ganz ohne weitere Werkzeuge. Doch egal, welche Form sie verwenden: Wenn das Metall erstarrt ist und aus der Form geholt wird, muss es noch nachbearbeitet werden. Glockengießer/innen putzen, glätten und polieren die Werkstücke und geben ihnen den letzten Schliff.
Aufgaben und Tätigkeiten im Einzelnen
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Modelle und Schablonen anfertigen
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Skizzen und Zeichnungen von Gussformen und Modellen anfertigen, z.B. Glockenformen
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Zeichnungen auf Werkstoffe für die Herstellung von Schablonen übertragen, z.B. das Gerippe von Glocken
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Metallmodelle für die Gusserzeugnisse anfertigen, dabei Metall drehen, fräsen, bohren und schleifen
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Wachsmodelle für Kunstfiguren herstellen
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Tonschablonen und Holzgerippe für Glocken anfertigen
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Modelle in die Formkästen für den Sandguss einformen
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Modelle für den Kunstguss ggf. auch mittels 3-D-Druck herstellen
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Formen herstellen
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Wachsmodelle in Formmaterial einformen
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Formen für den Glockenguss herstellen, insbesondere Lehm- und Sandformen
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Formen prüfen und ggf. kleine Fehler ausbessern
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gießtechnisch erforderliche Öffnungen anbringen (Einguss und Steiger)
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Kerne einlegen
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Formteile trocknen und zusammensetzen
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beim Glockenguss gestampfte Kerne und falsche Glocke anfertigen, Glockenmantel und Glockenkrone herstellen
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Schutzschichten auf Formen anbringen
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ggf. Formgruben ausheben
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Formen für den Kunstguss ggf. auch mittels 3-D-Druck herstellen
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Metalle legieren, schmelzen und abgießen
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Schmelzöfen vorbereiten und in Gang setzen, bedienen und überwachen
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Legierungen auswählen und schmelzen, ggf. Zusatzmittel zur Verhinderung von Oxidation zugeben
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das vorgesehene Metall unter Beachtung der richtigen Schlackeführung vergießen
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maschinell oder von Hand das Metall in die Form gießen, dabei Gießeinrichtungen einstellen und überwachen
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Gusserzeugnisse putzen und nachbehandeln
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Gusserzeugnisse entformen und entkernen
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Gusserzeugnisse auspacken und putzen (gießtechnisch erforderliche, aber nicht zum eigentlichen Werkstück gehörende Teile abtrennen)
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Gusserzeugnisse entgraten und schleifen
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Gusserzeugnisse färben und polieren
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beim Glockenguss: Glockenoberfläche mit künstlerischen Motiven gravieren und ziselieren
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Gusserzeugnisse und Glocken montieren
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die Qualität von Gusserzeugnissen begutachten
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Gusserzeugnisse visuell überprüfen, z.B. auf eingeschlossenes Formmaterial, Gasblasen und Hohlräume achten
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Gusserzeugnisse mittels Durchstrahlungsprüfungen kontrollieren
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bei Glocken den Ton überprüfen
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gegossene Gegenstände aller Art reparieren, insbesondere Glocken und Kunsterzeugnisse
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Arbeitsabläufe planen
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technische Zeichnungen durcharbeiten
Verdienst/Einkommen
Beispielhafte tarifliche Bruttogrundvergütung (in der Stunde): € 19,02
Quelle:
Tarifregister Nordrhein-Westfalen
Hinweis: Diese Angaben dienen der Orientierung. Ansprüche können daraus nicht abgeleitet werden.
Verdienst/Einkommen
Das Einkommen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen hängt von der Aus- und Weiterbildung, Berufserfahrung und Verantwortlichkeit ab, aber auch von den jeweiligen Anforderungen des Berufs, von Branche, Region und Betrieb. Die Höhe richtet sich in tarifgebundenen Betrieben nach tarifvertraglichen Vereinbarungen. Nicht tarifgebundene Betriebe können ihre Mitarbeiter/innen in Anlehnung an entsprechende Tarifverträge entlohnen.
Weitere Informationen über Einkommensmöglichkeiten:
Tätigkeitsbezeichnungen
Abweichende Berufsbezeichnungen der ehemaligen DDR
Frühere Berufsbezeichnungen
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Glockengießer/Glockengießerin
(Ausbildungsberuf von 1941 bis 1998)
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Metallformer und Metallgießer/Metallformerin und Metallgießerin
(Ausbildungsberuf von 1964 bis 1998)
Arbeitsorte
Metall- und Glockengießer/innen der Fachrichtung Kunst- und Glockengusstechnik arbeiten in erster Linie
Darüber hinaus arbeiten sie ggf. auch
Arbeitssituation
Metall- und Glockengießer/innen der Fachrichtung Kunst- und Glockengusstechnik arbeiten viel mit Maschinen und Werkzeugen, z.B. mit Trennschleifmaschinen oder Schleif- und Poliermaschinen. Modelle für Gusserzeugnisse fertigen sie meistens von Hand, beispielsweise aus Wachs. Sie schützen sich mit Schutzkleidung, etwa mit Handschuhen, Schutzbrille und Arbeitsschürze. In den Werkhallen herrscht große Hitze durch die Schmelzöfen. Lärm entsteht durch laufende Maschinen und Anlagen. Gase und Dämpfe durch das geschmolzene Metall oder Staub liegen trotz Absauganlagen in der Luft. Das eigentliche Glockengießen findet häufig auf nur überdachten Flächen statt. Dort können Metall- und Glockengießer/innen Zugluft und Kälte ausgesetzt sein.
Damit die Erzeugnisse den Vorgaben entsprechen, ist eine sorgfältige Arbeitsweise notwendig. Der Umgang mit geschmolzenem Metall erfordert Umsicht, um Unfälle zu vermeiden. Um die Glocken zu stimmen, ist ein gutes Gehör wichtig. Geschicklichkeit ist beim Gravieren und Ziselieren von Oberflächen gefragt. Die Arbeit kann durch die Hitze körperlich anstrengend sein, auch wenn schwere Gussteile getragen werden müssen. Wenn Metall- und Glockengießer/innen die Glocken in Kirchen und Türmen montieren, bewegen sie sich trittsicher und schwindelfrei auf Gerüsten und Leitern.
Arbeitsbedingungen im Einzelnen
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Arbeit mit technischen Geräten, Maschinen und Anlagen (z.B. Trennschleifmaschinen, Fräs- und Drehmaschinen, Schleif- und Poliermaschinen)
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Handarbeit (z.B. Metallmodelle für die Gusserzeugnisse anfertigen, dabei Metall drehen, fräsen, bohren und schleifen)
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Tragen von Schutzkleidung, -ausrüstung (z.B. Handschuhe, Schutzbrille und Arbeitsschürze)
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Arbeit in Werkstätten, Werk-/Produktionshallen
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Arbeit bei Kälte, Hitze, Nässe, Feuchtigkeit, Zugluft (z.B. Regen, Wind oder Kälte beim Erstellen der Gussformen im Freien, große Hitze an den Schmelzöfen und beim Gießen des flüssigen Metalls)
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Arbeit bei Rauch, Staub, Gasen, Dämpfen (z.B. Staub, Gerüche und Dämpfe der flüssigen Metalle)
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Arbeit unter Lärm (z.B. Geräusche der Dreh-, Schleif- und Poliermaschinen)
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Arbeit in größeren Höhen mit Absturzgefährdung (z.B. auf Leitern und Gerüsten beim Montieren von Glocken)
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Unfallgefahr (z.B. durch Spritzer des heißflüssigen Metalls beim Gießen)
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Präzisions-, Feinarbeit (z.B. Glockenoberflächen gravieren und ziselieren)
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schweres Heben und Tragen (z.B. schwere Gussteile)
Arbeitsgegenstände/Arbeitsmittel
Erzeugnisse, z.B.: Glocken aller Größen, Kunstgegenstände aus Metall
Werk- und Hilfsstoffe, z.B.: Metalle und Legierungen, Kunststoffe, Wachs, Ton, Sand, Stein, Lehm
Anlagen, Maschinen und Geräte, z.B.: Schmelzöfen, ggf. Anlagen für 3-D-Druck, Fräs-, Dreh-, Schleif-, Poliermaschinen, Schweiß- und Lötgeräte, Messgeräte
Werkzeuge und Hilfsmittel, z.B.: Hämmer, Zangen, Schöpfkellen, Wachs- und Metallmodelle, Gussformen, Schablonen, Hebezeuge
Unterlagen, z.B.: technische Zeichnungen, Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften
Arbeitsbereiche/Branchen
Metall- und Glockengießer/innen der Fachrichtung Kunst- und Glockengusstechnik finden Beschäftigung in Glockengießereien und Gießereien, die Kunstgegenstände herstellen.
Branchen im Einzelnen