Aufgaben und Tätigkeiten kompakt
Geigenbauer/innen stellen Streichinstrumente wie Geigen, Bratschen, Celli oder Kontrabässe her. Sie fertigen Zeichnungen an und übertragen die Maße und Konturen auf die Werkstücke. Aus verschiedenen Holzarten sägen sie Instrumententeile wie Böden, Decken, Schnecken oder Hälse. Sie bearbeiten die Teile durch Hobeln und Schleifen und leimen sie zusammen. Sorgfältig tragen sie den Lack für die Oberfläche auf, denn er beeinflusst den Klang des Instruments. Nach dem Zusammenbau ziehen sie die Saiten auf, prüfen die Funktionsfähigkeit und Spielbarkeit des Instruments und verbessern ggf. durch Nacharbeiten die Tonqualität. Zudem reparieren und restaurieren sie beschädigte Streichinstrumente und beraten Kunden bei Neuanschaffungen.
Aufgaben und Tätigkeiten (Beschreibung)
Worum geht es?
Geigenbauer/innen stellen Streichinstrumente her und justieren sie.
Klingende Hölzer
Geigenbauer/innen stellen neben Geigen beispielsweise auch Bratschen, Celli und Kontrabässe her. Ob Einzelstück oder Serienherstellung - am Anfang steht der Entwurf. Mit ihren Kunden sprechen Geigenbauer/innen die Besonderheiten des gewünschten Instruments ab und erstellen Zeichnungen und Schablonen. Dann wählen sie die geeigneten Hölzer aus und bereiten sie für die Bearbeitung vor. Für die Decke verwenden sie meist Fichtenholz, das sehr elastisch und widerstandsfähig ist. Es muss trocken und leicht sein und gleichmäßige Jahresringe besitzen. Andere Teile des Korpus wie z.B. Böden und Zargen stellen sie aus Harthölzern wie Ahorn her. Griffbretter, Saitenhalter und Wirbel fertigen sie aus Ebenholz oder Palisander. Teilweise verwenden sie auch sogenanntes Thermoholz, das durch Erhitzen widerstandsfähig und formstabil gemacht wird. Je nach Holzart und gewünschtem Effekt bleichen sie die Hölzer und behandeln sie z.B. durch Schleifen vor.
Alles aus einer Hand
Zunächst übertragen Geigenbauer/innen die Maße für den Korpus auf das nur wenige Millimeter dicke Holz und bringen es in Form. Für Boden und Decke spalten sie eine Holzplatte horizontal, damit die Holzmaserung auf beiden Seiten der Geige symmetrisch verläuft. Mit Hohlmesser, Wölbungshobel und Ziehklinge arbeiten die Geigenbauer/innen eine Wölbung heraus. Damit die Wölbung gleichmäßig wird, messen sie die Stärke der Decke und des Bodens immer wieder nach und gleichen jede Abweichung aus. Dann schleifen sie die Oberflächen ab, zeichnen die sogenannten F-Löcher, die Schalllöcher in der Decke, auf und schneiden diese aus. Schließlich leimen sie die Bassbalken ein. Das sind Holzstäbchen im Inneren des Resonanzkörpers, die tieffrequente Schwingungen auf die ganze Deckenfläche verbreiten. Sind Decke und Boden fertig, schneiden und hobeln Geigenbauer/innen die Zargen zurecht. Mit Zahnhobel und Ziehklinge bringen sie Holzstreifen auf die richtige Stärke, befeuchten sie und biegen sie mit dem heißen Biegeeisen in die richtige Form. Schließlich leimen Geigenbauer/innen den fertigen Zargenkranz auf den Boden der Geige - der Korpus ist fertig.
Es fehlen noch der Hals und die Schnecke, der Abschluss des Wirbelkastens. Mit der Bandsäge schneiden sie das Holz zu und schnitzen es mit der Hand zurecht. Dann stechen sie die Schnecke und bringen sie an, passen den Hals in den Korpus ein und verleimen ihn. Sorgfältig tragen sie die Lackierung auf und polieren das Instrument.
Nun bereiten sie die Geige für die Besaitung vor. Sie passen die Wirbel ein, um die das Ende der Saite gewickelt wird, und spannen ein Holzstäbchen, die sogenannte Stimme, zwischen Boden und Decke der Geige. Sie leimen den Steg, über den die Saiten gespannt werden, auf die Deckenrundung und ziehen die Saiten auf. Schließlich prüfen sie Klang und Funktionsfähigkeit der Geige, indem sie Stimme und Steg einstellen und das Instrument zur Probe spielen. Gibt es z.B. Störgeräusche, sorgen Geigenbauer/innen für Abhilfe. Entsprechen die Töne nicht der gewünschten Klangfarbe, korrigieren sie gegebenenfalls die Dicke von Steg, Saitenhalter, Stimme oder Bassbalken.
Reparieren, restaurieren, verkaufen
Geigenbauer/innen reparieren und reinigen auch ältere Geigen, stellen diese neu ein oder restaurieren historisch wertvolle Instrumente. Sind Holzflächen oder Lackierung beschädigt? Muss das Griffbrett ersetzt werden? Sind die Wirbel ausgeleiert? Geigenbauer/innen schätzen den Aufwand, sprechen den Auftrag mit den Kunden ab und führen dann die Reparaturen aus, beseitigen beispielsweise Schäden an der Lackierung oder fertigen neue Teile an, die zum Instrument passen.
Auch wenn es um die Herstellung von Einzelanfertigungen geht oder Kunden ein fertiges Streichinstrument zum Kauf auswählen, neue Saiten oder anderes Zubehör erwerben wollen, beraten Geigenbauer/innen fachkundig und serviceorientiert.
Aufgaben und Tätigkeiten im Einzelnen
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Entwürfe, Konstruktionszeichnungen und Schablonen anfertigen
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Hölzer nach Kundenwunsch und Verwendungszweck auswählen und vorbehandeln, z.B. wässern, trocknen, thermohärten, bleichen, spalten, zuschneiden, schleifen
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Boden und Decke bauen
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Resonanzplatten aus dem rohen Holz heraussägen, Rundungen und Konturen mit Stechbeiteln und Hobeln ausgleichen
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Decke mit Hohlmesser, Wölbungshobel und Ziehklingen wölben, Boden ausarbeiten
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Decken- und Bodenstärken mit Stärkezirkel und Mikrometer messen, Deckenwölbung sowie Decken- und Bodenstärken ausgleichen
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Oberfläche mit Ziehklinge und Schleifpapier putzen (glätten)
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F-Löcher aufzeichnen und ausschneiden
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Rille für die Einlagen herausarbeiten, Bassbalken einpassen und anleimen
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Zargenkranz bauen
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Formbrett als Innenform für die Zargen anfertigen (klassische Methode)
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Zargen mit Zahnhobel und Ziehklinge zuschneiden
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befeuchtete Zargenbrettchen über heißem Biegeeisen und anschließend über das Formbrett biegen
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Zargenbrettchen miteinander an Eckklötzen sowie an Oberklotz und Unterklotz verbinden und durch "Reifchen" verstärken
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Korpus zusammenbauen
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Resonanzplatte auf den Zargenkranz leimen, Formbrett herausziehen
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Einlage (Ader) in den Adergraben (vorbereitete Rille) einbringen und verleimen
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auf der Innenseite signieren und Korpus schließen/verleimen
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Hals und Schnecke bearbeiten und anbringen
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Holz für den Hals mit der Bandsäge grob zuschneiden und mit Stechbeiteln, Schnitzern, Feilen und Sandpapier weiterbearbeiten
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Schnecke schnitzen
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Hals in den Oberklotz unter Beachtung von Richtung, Halswinkel und Position einpassen und verleimen
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Instrument als Rot- oder Weißinstrument lackieren, Grundierung und Lackschichten auftragen, Lack schleifen und polieren
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Instrument spielfertig machen
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Stimme durch das F-Loch einsetzen
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Steg auf die Deckenrundung aufschneiden und verleimen
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Wirbel einpassen
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Griffbrett, Saitenhalterknöpfchen und Saitenhalter anbringen (Halbfabrikate), Saiten aufspannen
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fertige Streichinstrumente auf Tonqualität und Spielbarkeit prüfen und einstellen, z.B. Wirbelgängigkeit, Position und ggf. Dicke von Steg, Saitenhalter, Stimme, Bassbalken korrigieren
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Streichinstrumente stimmen
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Streichinstrumente reparieren und restaurieren
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Einzelteile ersetzen, z.B. Saiten, Steg, Griffbrett, Schnecke, Hals, Decke, Boden und Zargen
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Instrumente reinigen und auffrischen, Lackschäden retuschieren, Risse flicken
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Bögen reparieren und behaaren
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Kunden bedienen und beraten
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zu reparierende oder zu restaurierende Instrumente annehmen, Schäden und Reparaturumfang feststellen
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Kunden über Reparatur- oder Restaurierungsmöglichkeiten, Neuanfertigungen oder den Kauf fertiger Instrumente beraten
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neue Instrumente und Zubehör verkaufen, reparierte oder restaurierte Instrumente an die Kunden abgeben
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Instrumente versandfertig machen
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beim Bau, Verkauf und Vertrieb die Einhaltung des internationalen Artenschutzabkommens (CITES) zum Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten beachten
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Werkzeuge und Maschinen pflegen
Verdienst/Einkommen
Beispielhafte tarifliche Bruttogrundvergütung (in der Stunde): € 18,72 bis € 20,22
Quelle:
Tarifsammlung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales
Hinweis: Diese Angaben dienen der Orientierung. Ansprüche können daraus nicht abgeleitet werden.
Verdienst/Einkommen
Das Einkommen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen hängt von der Aus- und Weiterbildung, Berufserfahrung und Verantwortlichkeit ab, aber auch von den jeweiligen Anforderungen des Berufs, von Branche, Region und Betrieb. Die Höhe richtet sich in tarifgebundenen Betrieben nach tarifvertraglichen Vereinbarungen. Nicht tarifgebundene Betriebe können ihre Mitarbeiter/innen in Anlehnung an entsprechende Tarifverträge entlohnen.
Weitere Informationen über Einkommensmöglichkeiten:
Tätigkeitsbezeichnungen
Abweichende Berufsbezeichnung der ehemaligen DDR
Vergleichbare Berufsbezeichnungen im deutschsprachigen Ausland
Schweiz
Österreich
Berufsbezeichnung in englischer Sprache
Berufsbezeichnung in französischer Sprache
Quelle der fremdsprachigen Berufsbezeichnungen: Bundesinstitut für Berufsbildung, Europass-Zeugniserläuterungen
Arbeitsorte
Geigenbauer/innen arbeiten in erster Linie
Darüber hinaus arbeiten sie ggf. auch
Arbeitssituation
Geigenbauer/innen arbeiten trotz Maschineneinsatz überwiegend mit der Hand. Bei manchen Arbeiten, wie z.B. beim Sägen mit der Bandsäge oder beim Lackieren, tragen sie Gehörschutz oder eine Atemschutzmaske. Sie arbeiten vor allem in Werkstätten des Musikinstrumentenbaus, teilweise auch in Verkaufsräumen, die den Werkstätten angeschlossen sind. Bei Schleifarbeiten entsteht Staub; Klebstoffe, Beizen, Lösemittel und Lacke können Dämpfe und Gerüche entwickeln und Säge- bzw. Schleifmaschinen erzeugen Lärm.
Um den Klang zu prüfen, müssen Geigenbauer/innen ihre Instrumente anspielen können. Hierfür benötigen sie musikalische Fähigkeiten und ein gutes Gehör. Mit Sinn für Ästhetik lackieren und verzieren sie ihre Instrumente. Sie arbeiten konzentriert und präzise, denn selbst kleine Ungenauigkeiten können den Klang eines Instruments beeinträchtigen. Historische Instrumente können einen hohen materiellen und ideellen Wert haben, für dessen Erhaltung die Geigenbauer/innen Verantwortung tragen.
Arbeitsbedingungen im Einzelnen
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Arbeit mit technischen Geräten, Maschinen und Anlagen (z.B. Band- und Kreissägen, Fräs- und Schleifmaschinen)
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Handarbeit (z.B. Stimmstock einspannen, Wirbel einpassen)
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Tragen von Schutzkleidung, -ausrüstung (z.B. Gehörschutz bei Arbeiten an Bandsägen, Atemschutz beim Arbeiten mit Lacken und Lösungsmitteln)
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Arbeit in Werkstätten, Werk-/Produktionshallen
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Arbeit in Verkaufsräumen (z.B. Kunden bedienen und beraten)
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Arbeit bei Rauch, Staub, Gasen, Dämpfen (z.B. Staub bei Schleifarbeiten, Dämpfe durch Lösungsmittel und Lacke)
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Arbeit unter Lärm (z.B. Maschinenlärm)
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Präzisions-, Feinarbeit (z.B. millimeterdickes Holz in Form bringen, denn minimale Abweichungen verändern den Klang der Geige)
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Verantwortung für Sachwerte (z.B. beim Restaurieren historisch wertvoller Instrumente)
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Kundenkontakt (z.B. Kunden zu Einzelheiten wie Stil, Größe und Klangeigenschaften von Geigen beraten)
Arbeitsgegenstände/Arbeitsmittel
Produkte, z.B.: Geigen, Bratschen, Celli, Gamben, Kontrabässe
Materialien und Hilfsstoffe, z.B.: Hölzer wie Fichte, Ahorn, Buche, Ebenholz, Palisander, Leim, Lack, Poliermittel und -tücher, Saiten
Bauteile und Zubehör, z.B.: Resonanzkörper, Stege, Hälse, Saiten, Holzdübel
Maschinen, Geräte und Werkzeuge, z.B.: Fräs- und Schleifmaschinen, Band- und Kreissägen, Mikrometer, Bohrer, Biegeeisen, Stechbeitel, Hobel, Ziehklingen, Feilen, Ausstecheisen, Stemmeisen, Schnitzmesser, Pinsel, Stärkezirkel
Unterlagen, z.B.: Entwurfs- und Werkzeichnungen, Kalkulationen, Abrechnungen, Aufträge, Dokumentationen, Artenschutzbestimmungen (CITES-Abkommen)
Arbeitsbereiche/Branchen
Geigenbauer/innen finden Beschäftigung in Betrieben des Geigenbauer-Handwerks.
Branchen im Einzelnen