Ein Mechanismus in einem Tarifvertrag, wonach nur tatsächlich erbrachte Arbeitsstunden, nicht aber Urlaubsstunden bei der Berechnung einer Schwelle, ab der Mehrarbeitszuschläge gezahlt werden, zu berücksichtigen sind, kann einen Anreiz bilden, auf Urlaub zu verzichten und verstößt deshalb gegen Paragraf 1 Bundesurlaubsgesetz.
Ein solcher Anreiz in Form eines finanziellen Nachteils ist gegeben, wenn Überstunden geleistet und in demselben Monat Urlaubsstunden genommen wurden, letztere aber in Bezug auf die maßgebliche Berechnungsschwelle des Tarifvertrages nicht berücksichtig werden.
In Anbetracht dieses Grundsatzes hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Paragraf 4.1.2 des Manteltarifvertrags Zeitarbeit (iGZ) so zu verstehen ist, dass auch zu vergütende Urlaubsstunden und nicht nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden zu berücksichtigen sind, soweit es um die Berechnung von tariflichen Mehrarbeitszuschlägen geht.
Der Fall
Ein Mann war als Leiharbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt. Für sein Arbeitsverhältnis hatte der Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit in der Fassung vom 17. September 2013 gegolten. Unter anderem bestimmte dieser, dass Mehrarbeitszuschläge in Höhe von 25 Prozent für Zeiten gezahlt werden, die im jeweiligen Kalendermonat über eine bestimmte Zahl geleisteter Stunden hinausgehen. Im Monat August 2017 hatte der Mann 121,75 Stunden gearbeitet und zehn Tage Urlaub genommen. Diese Urlaubstage hatte das Unternehmen mit 84,7 Stunden abgerechnet. Mehrarbeitszuschläge leistete es für diesen Monat nicht.
Hier geht es zum Volltext der BAG-Entscheidung vom 16. November 2022 – 10 AZR 210/19.