Von Qualifizierungsbedarfen bis zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Ihre Tätigkeiten und Bedarfe haben sich stark verändert. Daher müssen auch die geltenden betrieblichen Mitbestimmungsrechte weiterentwickelt und Unternehmensmitbestimmung gestärkt werden. Ob und wie Menschen Demokratie am Arbeitsplatz erfahren, prägt maßgeblich auch ihre Haltung zur Demokratie in der Gesellschaft und das Vertrauen in staatliche Institutionen.
Wer von einer demokratischen Gestaltung des Wandels spricht, darf vor strategischen Unternehmensentscheidungen nicht haltmachen. Die IG Metall fordert daher mehr Mitbestimmungsrechte bei Beschäftigungs- und Standortsicherung und Qualifizierung sowie die Einbindung externer Sachverständiger durch die Betriebsräte. Verhandlungen über einen Interessenausgleich bei Betriebsänderungen müssen erzwingbar sein und regionale Gegebenheiten berücksichtigt werden.
Essenziell sind auch eine verpflichtende Personalplanung durch den* die Arbeitgeber*in und ein Initiativrecht der Betriebsräte bei der Ein- und Durchführung betrieblicher Qualifizierungsmaßnahmen. Viel zu oft werden Qualifizierungskonzepte der Betriebsräte von der Unternehmensleitung ignoriert!
Um die Beschäftigten, die mobil, im Homeoffice oder außerhalb der Werkstore zu erreichen, brauchen Gewerkschaften die gesetzliche Klarstellung eines digitalen Zugangsrechts zum Betrieb.
Unternehmensmitbestimmung stärken
Unternehmen, die Mitbestimmungsgesetze rechtswidrig ignorieren, müssen effektiv bestraft werden, vor allem mit umsatzorientierten Geldbußen. Die IG Metall fordert außerdem, das Doppelstimmrecht der/des Aufsichtsratsvorsitzenden bei Pattsituationen zugunsten eines Schlichtungsverfahrens abzuschaffen. Die schleichende Aushöhlung der Unternehmensmitbestimmung muss endlich gestoppt werden!
Ein bekannter Trick: Unternehmen wandeln ihre Rechtsform frühzeitig in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) um, bevor die gesetzlichen Schwellenwerte für die paritätische Unternehmensmitbestimmung erreicht werden. Durch die aktuelle Rechtsprechung des EuGH („Olympus-Urteil“) droht die Mitbestimmung zusätzlich erheblich geschwächt zu werden.
Die Mitbestimmung muss zwingend auf ausländische Rechtsformen ausgeweitet und die Schwellenwerte für gleichberechtigte Mitbestimmung gesenkt werden.
Die aktuelle gesetzliche Regelung sieht zudem keine automatische Konzernzurechnung von Beschäftigten in Tochterunternehmen vor (Drittelbeteiligungslücke).
Die Folge: Konzerne werden in eine Holding mit verschiedenen Töchtern umgewidmet, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Tür zum Aufsichtsrat vor der Nase zuzuschlagen. Es ist daher nur angemessen, wenn Inlandsbeschäftigte wie im Mitbestimmungsgesetz konzernweit mitgezählt werden und zwar bei allen Personengesellschaften.
Betriebsrätestärkung ist Demokratiestärkung
Mitbestimmung ist gelebte Demokratie. Doch sie wird viel zu oft bereits im Keim erstickt. Die Bekämpfung von Mitbestimmung muss als Offizialdelikt ausgestaltet sein!
Neben abschreckenden Bußgeldern und der Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften ist deshalb vor allem der besondere Kündigungsschutz – auch bei außerordentlichen und betriebsbedingten Kündigungen – für Wahlinitiator*innen wichtig.
Die Kündigung sollte von einer vorherigen Zustimmung des Arbeitsgerichts abhängig gemacht und der Kündigungsschutz auf bis zu sechs Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses verlängert werden.
Was die IG Metall fordert:
Betriebliche Mitbestimmung:
- Erzwingbarer Interessenausgleich bei Betriebsänderung (§ 112 BetrVG)
- Initiativrecht bei betrieblichen Qualifizierungsmaßnahmen, Mitbestimmungsrecht bei Personalplanung und -bemessung (§ 92 und § 96 Abs. 1 BetrVG)
- erleichterte Hinzuziehung von Sachverständigen durch den Betriebsrat
- Ergänzung von § 2 Abs. 2 BetrVG um virtuellen Zugang zum Betrieb
- Ausbau des besonderen Kündigungsschutzes für Wahlinitiator*innen
- die Behinderung von Betriebsratswahlen und -tätigkeit zu einem Offizialdelikt zu machen
Unternehmensmitbestimmung:
- Mitbestimmungsvermeidung im Zusammenhang mit SE-Gesellschaften unterbinden
- Erweiterung der Mitbestimmung auf andere Rechtsformen (ausländische/KG)
- Schließung der „Lücke in der Drittelbeteiligung“ (Konzernzurechnung)
- Einführung eines Sanktionsregimes für Fälle rechtswidriger Nichtanwendung der Mitbestimmung
- Antragsberechtigung der Gewerkschaften in Statusverfahren auch im Bereich der Drittelbeteiligung
- Absenkung des Schwellenwerts für die paritätische Unternehmensmitbestimmung auf 1000 Beschäftigte
- Einführung eines Mindestkatalogs zustimmungspflichtiger Geschäfte (v.a. Interessenausgleich und Beschäftigungssicherung)
- Schlichtungsverfahren statt Doppelstimmrecht des/der Aufsichtsratsvorsitzenden